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Interview

Kulturnetzwerk für eine lebendige Stadtgesellschaft

Im Gespräch mit Sara Engelmann, Kulturamt, und Katrin Nestler, Familienamt, Stadt Meißen

14.12.22

Wieso, es läuft doch mit der Kulturellen Bildung in Meißen? Stimmt. Doch ein Kulturnetzwerk hilft, Potenziale und Ressourcen zu kanalisieren – ein nicht zu unterschätzender Mehrwert für die Entwicklung einer Stadt. Dahinter steht allerdings ausgereifte Beziehungsarbeit.

Sara Engelmann ist seit 2021 Kulturreferentin der Stadt Meißen. Sie ist mit Themen betraut wie Beratung, Netzwerkarbeit für Kulturschaffende, Kulturförderung, Veranstaltungsplanung, Entwicklung neuer Formate, aber auch mit den Schwerpunkten Soziokultur und Kulturelle Bildung.

Katrin Nestler ist seit 2020 Leiterin des Familienamts der Stadt Meißen. Das Ressort reicht von der Kindertagespflege über Kindertagesstätten und Schulen bis zur Vereinsförderung und Bearbeitung sozialer Angelegenheiten. 

Wie kam es zur Gründung des Netzwerks Kulturelle Bildung in Meißen?

Sara Engelmann: So, wie wir das immer machen: Knall auf Fall. Kurz nach meinem Start 2021 in Meißen ploppte die Ausschreibung von „K2 – Kulturnetzwerke und Kommunen“  auf. Von da an startete die Zusammenarbeit mit Katrin. Innerhalb von wenigen Tagen haben wir die Antragsstellung gewuppt und unsere Gedanken zusammengetragen: Was beinhaltet Kulturelle Bildung bei uns in der Stadt? Welche Akteure und Angebote gibt es? Wo wollen wir hin? Dabei haben wir deutlich gemerkt: Wir brauchen einen Grundstein, um überhaupt ein Netzwerk aufbauen zu können, das heißt, um Leute miteinander in Verbindung zu bringen. Dazu brauchten wir nicht zuletzt selbst einen Überblick. 

Wir standen vor der Frage: Wie erreichen wir die Leute mit bestimmten Angeboten? Wir haben relativ schnell gemerkt, dass das nur als Bildungsnetzwerk mit Akteuren aus der Sozial-, Kinder- und Jugendarbeit geht.

Sara Engelmann, Kulturamt Meißen

Die K2-Förderung war tatsächlich unser Praxis-Einstieg in das Thema „Netzwerk Kulturelle Bildung“ hier in der Stadt. Denn seitens der Verwaltungsebene hatte Kulturelle Bildung bislang als Konzept gar keine Rolle gespielt. Katrin und mir war es daher wichtig, uns aus Verwaltungssicht die Ressorts Kultur sowie Bildung/Soziales genauer anzuschauen. 

Welches Verständnis von Kultureller Bildung war die Grundlage bei der Netzwerkgründung? 

Katrin Nestler: Wir haben uns weniger mit Definitionen der Kulturellen Bildung beschäftigt, sondern eher mit den Möglichkeiten des Bestehenden. Kulturelle Bildung bedeutet für uns Zumuten, Fordern und Fördern. Meißen ist wahnsinnig bunt. Der Konsum von Angeboten Kultureller Bildung und das Wie des Mitmachens sind sehr divers. Wir wollen die Potenziale unserer bunten Vereinswelt nutzen sowie auch das Potenzial der Künstler*innen und Kunstschaffenden, sodass Kulturelle Bildung für die Persönlichkeitsentwicklung der Menschen ein kleiner Farbklecks sein kann. Wir wollen ja nicht die Stadt in Gänze verändern, sondern den Menschen mehr Möglichkeiten bieten für ihre eigene Entwicklung.

Sara Engelmann: Dabei standen wir vor der Frage: Wie erreichen wir die Leute mit bestimmten Angeboten? Wir haben relativ schnell gemerkt, dass das nur als Bildungsnetzwerk mit Akteuren aus der Sozial-, Kinder- und Jugendarbeit geht. Es war ein Herantasten und Prüfen, worin genau damit ein Mehrwert für die Verwaltung, für die Akteure, für die Stadt und am Ende natürlich vor allem für die Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen liegt. Wir handeln unser Verständnis von Kultureller Bildung gemeinsam miteinander aus und orientieren es an den lokalen Gegebenheiten und Herausforderungen.

Welche Ressorts sind an dem Netzwerk beteiligt? 

Sara Engelmann: Am Thema direkt dran sind tatsächlich nur wir zwei, Katrin und ich, natürlich mit Katrins Kolleg*innen, die wiederum Kontakte mit Infos bespielen oder ansprechbar sind für die Themen, die wir im Umlauf haben. Das Kulturamt der Stadt Meißen ist sehr klein, ich bin alleinige Ansprechpartnerin. In der Umsetzung verschiedener Formate, die wir in Kooperation mit Vereinen, anderen Trägern und unseren Netzwerkpartnern ausprobieren, unterstützen uns in der Verwaltung die anderen Ämter – von der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bis zum Bauhof. 

Die Ebene über uns, Bürgermeister, Oberbürgermeister und der Stadtrat, brauchen wir für dieses Thema auch. Da müssen wir noch häufiger erklären, was wir tun und welchen Mehrwert unsere Arbeit am Ende für die Stadtgesellschaft hat. Ich glaube, das ist ein ganz großes Thema für die Kommunen, dieses Herausarbeiten der Mehrwerte. Wir selbst wachsen an dem Thema. Unsere Zielgruppen wachsen mit der Kulturellen Bildung in ihrer Persönlichkeit. Wir wollen aber auch die Persönlichkeit der Stadt durch Kulturelle Bildung entwickeln.

Eine Verwaltung, die sich damit beschäftigt, dass es den Menschen in der Stadt gut geht, um eben die Weiterentwicklung der Einzelnen zu ermöglichen, muss Themen aufmachen und handeln. Das wäre Gestalten. Da müssen wir noch viel Vermittlungsarbeit leisten.

Katrin Nestler, Familienamt, Meißen

Hat sich durch das Netzwerk die Sicht der Verwaltung auf die Bedeutung Kultureller Bildung verändert?

Katrin Nestler: Dadurch, dass wir von verschiedenen Seiten, mit verschiedenen Worten und zu verschiedenen Anlässen unsere Themen nach oben kommunizieren, sind sie tatsächlich sichtbarer geworden. Wir versuchen, ein grundlegendes Verständnis von Kultureller Bildung zu vermitteln: Was ist das eigentlich und wozu braucht man sie? Wenn man sich im Kulturbereich bewegt, ist Kulturelle Bildung selbstverständlich — in der Pädagogik interessanterweise längst noch nicht. In der Verwaltung sieht das noch mal anders aus. Verwaltungsstrukturen haben wegen ihrer Versäulung generell viele Hürden. Beispiel: Ein Schulträger ist zuständig für das Gebäude und seine Ausstattung. Da könnte man sagen: Die Schule läuft, wenn das Licht brennt und die Fluchtwege frei sind. Das wäre Verwalten. Eine Verwaltung, die sich damit beschäftigt, dass es den Menschen in der Stadt gut geht, um eben die Weiterentwicklung des Einzelnen zu ermöglichen, muss aber Themen aufmachen und proaktiv handeln. Das wäre Gestalten. Da müssen wir noch viel Vermittlungsarbeit leisten.

Ist Kulturelle Bildung Teil der Stadtentwicklung? 

Sara Engelmann: Wir haben in Meißen ein Amt für Stadtentwicklung, das sich aber auf Bauliches — auf Stadtbau und Infrastruktur — bezieht. Es hat nichts mit Bildung, Sozialem oder Kultur zu tun. Da sind wir dran, unsere Themen einzubringen, denn erst, wenn wir es geschafft haben, der Stadtgesellschaft explizit Kulturelle Bildung zu ermöglichen, sich über das Erleben von Kunst und Kultur, das Ausprobieren zu begegnen und auszutauschen, in ein Miteinander zu kommen, erst dann macht auch das andere Sinn.

Wir werden nicht müde zu erklären, dass Kulturelle Bildung, dass Bildung, dass Sozialarbeit und Jugendarbeit Stadtentwicklungsthemen sind. Ich kann schöne Gebäude und geradlinige Straßen bauen und Bäume pflanzen, aber wenn ich das nicht mit Leben erfülle, bleibt es eine tote Hülle.

Katrin Nestler, Familienamt, Meißen

Katrin Nestler: Daher werden wir nicht müde zu erklären, dass Kulturelle Bildung, dass Bildung, dass Sozialarbeit und Jugendarbeit Stadtentwicklungsthemen sind. Ich kann schöne Gebäude und geradlinige Straßen bauen und Bäume pflanzen, aber wenn ich das nicht mit Leben erfülle, bleibt es eine tote Hülle. Die Menschen sollen sich hier wohlfühlen. Dann erst können wir z.B. auch der Jugend Perspektiven bieten und deren Abwanderung etwas entgegensetzen. 

Was wären Handlungsempfehlungen an andere Kommunen für die Gründung eines Netzwerks Kulturelle Bildung? 

Katrin Nestler: Meine Empfehlung ist: Spontan loslegen. Einfach machen. Probieren. Klein anfangen, auch mal stolpern.
 
Dann wäre mein zweiter Tipp: Genauer hinschauen, was für Partner es gibt und wie aufgeschlossen sie dem Thema „Netzwerk Kulturelle Bildung“ gegenüberstehen. Ich sondiere immer ein bisschen vor, was wäre der Gewinn für den anderen bei einer Zusammenarbeit, um ihn damit zu überzeugen. Ich glaube, dass Netzwerkarbeit sehr viel Beziehungsarbeit ist. Und es braucht Zeit und den Freiraum, dass man die Beziehungsarbeit auch machen darf. 

Sara Engelmann: Anderen Kommunen würde ich empfehlen, auch Fördermöglichkeiten, wie sie K2 bietet, in Anspruch zu nehmen. Für uns war das enorm wichtig, eine Begleitung von außen zu haben. Ich glaube, ohne diesen zweijährigen Prozess hätten wir das Netzwerk nicht so aufbauen können. Wir wurden dabei begleitet, den Aufbau in der Stadt strategisch anzupacken und auch beraten, welche Leute wir ins Boot holen können. Der Austausch miteinander ist essenziell, auch, um den eigenen Kopf immer wieder auf Lücken abzuklopfen.

Zitiervorschlag

BKJ: Kulturnetzwerk für eine lebendige Stadtgesellschaft
https://www.bkj.de/ganztagsbildung/wissensbasis/beitrag/kulturnetzwerk-fuer-eine-lebendige-stadtgesellschaft/
Remscheid und Berlin, .

Typo: 310

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