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Interview

Mehr Vernetzung, mehr Teilhabe?!

Im Gespräch mit Franziska Schönfeld und Viola Kelb, „K² − Kulturnetzwerke in Kommunen und Regionen“

25.02.20

Im Projekt „K² – Kulturnetzwerke in Kommunen und Regionen“ beraten Franziska Schönfeld und Viola Kelb Akteure in Kommunen und Regionen beim Aufbau eines Bildungsnetzwerks mit Kulturprofil bzw. -schwerpunkt. Keine leichte Aufgabe – warum, das erzählen sie im Interview mit der BKJ.

Viola Kelb ist Systemische Beraterin und Referentin für Kulturelle Bildung. Sie berät und begleitet Fachkräfte zu den Themenschwerpunkten Bildungskooperationen, Vernetzung und kulturelle Teilhabe.

Franziska Schönfeld ist seit 2018 als Referentin für das Projekt „K² − Kulturnetzwerke in Kommunen und Regionen“ an der Bundesakademie für Kulturelle Bildung Wolfenbüttel verantwortlich. Sie war von 2014 bis 2017 für den Qualitätsverbund „Kultur macht stark“ tätig.

Sie entwickeln und beraten kulturelle Bildungsnetzwerke. Was ist der Hintergrund Ihrer Arbeit?

Franziska Schönfeld: Die Frage, die wir verfolgen ist: Welche Unterstützung benötigen Kommunen und Regionen, also Verwaltungsmitarbeitende und Akteure der Kulturellen Bildung vor Ort, um durch bessere Vernetzung mehr Teilhabegerechtigkeit für Kinder und Jugendliche zu erreichen? Ein Grundgedanke in K² ist also stärker aus Sicht der Kommune oder Kommunalverwaltung zu denken. Und danach zu fragen, welche Strategien es geben könnte, um nachhaltiger miteinander zusammenzuarbeiten. An der Bundesakademie Wolfenbüttel haben wir viel Erfahrung in der Beratung von unterschiedlichen Akteur*innen der Kulturellen Bildung. Wir bieten den Kommunen in K² die Möglichkeit, die eigenen Kooperationsstrukturen und kulturellen Bildungskonzepte unter unserer fachlichen Begleitung zu analysieren und weiterzuentwickeln. Wir haben den Eindruck, dass es auf kommunaler Ebene zwar viel gibt, aber die Leute nicht voneinander und auch nicht von möglichen Synergieeffekten wissen. Für uns ist es spannend in K² zu erproben, wie die multiprofessionelle Bündnislogik des Programms „Kultur macht stark“, die wir sehr wertvoll finden, weitergedacht werden kann.

 

Über K² – Kulturnetzwerke in Kommunen und Regionen

K² – Kulturnetzwerke in Kommunen und Regionen“ (2018 bis 2020) ist ein Projekt der Bundesakademie für Kulturelle Bildung Wolfenbüttel, das in Kooperation mit der Freien Universität Berlin durchgeführt wird. Ziel ist es, durch die systematische Vernetzung und den konzeptionellen Austausch die Nachhaltigkeit der Netzwerke vor Ort zu stärken. Das Projekt ist Teil des begleitenden Forums „Vernetzung, Qualität, Forschung“ des Bundesprogramms „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

Auf welchen Wirkungsannahmen basieren Bildungslandschaften? Und wie würden Sie ihre Wirksamkeit tatsächlich einschätzen?

Viola Kelb: Das zentrale Element von Bildungslandschaften ist die Zusammenarbeit der Akteure und Bereiche Kultur, Bildung, Jugend, Soziales und dass diese gemeinsam die Verantwortung für die Verbesserung von Bildungschancen übernehmen. Dahinter steht die Annahme: Je engmaschiger sich die Bildungsakteure der unterschiedlichen Ressorts oder ihre Angebote verzahnen, desto vielfältiger, transparenter und attraktiver entwickelt sich das Angebot für die Kinder und Jugendlichen vor Ort. Qualitativ bedeutet es, dass die Akteure und Bereiche sich gegenseitig bereichern und damit die Qualität der Bildungs- und Kulturangebote verbessern.

Damit sich solche Wirkungen entfalten, müssen Ressourcen aufgewendet werden: Zeit, Geld, Qualifizierungen. Diese Ressourcen sind allerdings oftmals nicht vorhanden. Einen Teil der Ressourcen stellt K² zur Verfügung, nämlich Raum für Netzwerkarbeit. Die Voraussetzung für ein Gelingen von Bildungslandschaften oder -netzwerken ist aber eine strukturelle Verankerung in der Kommune oder Region. Wenn das nicht gegeben ist, dann ist die Wirkung für die Kinder und Jugendlichen auch nicht wie erwartet.

Der Aufbau des Netzwerks ist ein gemeinsamer Identitätsprozess. Zu verstehen, welche Rollen und Kompetenzen die jeweiligen Akteure einbringen können und wie man sich als gemeinsames Netzwerk durch Synergien voranbringen kann, braucht Zeit.

Franziska Schönfeld

Welche Rollen spielen jeweils die Kulturarbeit, Jugendarbeit und Kommunalverwaltungen in den von Ihnen begleiteten Kommunen? Was charakterisiert die Zusammenarbeit?

Franziska Schönfeld: Sechs Kommunen und Regionen sind im Projekt dabei, die mit sehr unterschiedlichen Ausgangslagen gestartet sind. Bei einigen gab es bereits lose Netzwerke, andere waren ganz am Anfang und hatten eine überwiegend ehrenamtlich getragene Struktur. Bei allen gab es die Frage, wer sich überhaupt als kultureller Bildungsakteur versteht. Oftmals werden beispielsweise die Mitarbeiter*innen der Kinder- und Jugendarbeit als solche zwar in ein Kulturnetzwerk eingeladen und adressiert, müssen aber für sich klären: Was hat das mit meiner Auffassung von meiner Arbeit zu tun oder auch mit dem, was ich eigentlich als Ziele formuliere?

Viola Kelb: Ein ganz wesentlicher Schritt in K² war es, sich zu Beginn des Prozesses – und wir sprechen vom Aufbau eines Kulturnetzwerkes – auf eine gemeinsame Vision zu einigen, auf die dann alle mit ihren jeweiligen Ansätzen und Ressourcen hinarbeiten. Es ist wichtig, sich auf die Ziele und gemeinsamen Werte zu verständigen. Eine gemeinsame Mission empowert auch. Wenn dann auch noch die nötigen Ressourcen zur Verfügung stehen und nicht alles zusätzlich zur eigentlichen Arbeit obendrauf kommt, kommt es sicherlich auch zu einer zufriedenstellenden Rollenaufteilung.

Franziska Schönfeld: Hier treffen unterschiedliche Systeme aufeinander und damit auch oft vorgefertigte Bilder. Um diese aufzubrechen, braucht es einen ressortübergreifenden Austausch. Für die Teilnahme an K² ist die ressortübergreifende Zusammenarbeit als Bewerbungsvoraussetzung formuliert worden, weil es wichtig ist über den eigenen Berufsalltag, über die Grenzen der eigenen Einrichtungen, des eigenen Ressorts hinwegzukommen und in diesem Zuge eine gemeinsame Mission zu formulieren.

Wie kann die Entwicklung von Bildungslandschaften mit Kulturprofil erfolgreich gelingen?

Viola Kelb: Sinnvoll ist es, wenn Jugendliche in den Netzwerken mitarbeiten, beispielsweise Schülervertretungen, die nochmal ganz anderes Feedback geben können. Und dann geht es vor allem um die zwischenmenschliche und die Ressortkomponente: Zeit, Geld, politische Unterstützung. Ungleichheiten zwischen den Systemen sind nun mal vorhanden und auch innerhalb der Systeme, z. B. vorteilhaftere Anstellungsverhältnisse oder Rahmenbedingungen. Das wird sich in Gänze nicht ändern lassen. Der entscheidende Punkt ist, einen guten Umgang damit zu finden, Räume zu schaffen für einen wirklichen, ehrlichen und fairen Austausch, Lösungen zu finden. Dafür ist eine Prozessbegleitung von Externen ganz sinnvoll. Und es ist die Aufgabe der Kommunen, zu unterstützen und sich ressortmäßig mehr zu vernetzen. Beteiligung und Mitbestimmung zu ermöglichen – das ist die Herausforderung. In einer Kommune war der Lösungsansatz z. B. die Partner nicht erst bei der Vergabe von Fördermitteln mitentscheiden zu lassen, sondern schon bei der gemeinsamen Entwicklung von Förderkriterien zu beginnen. Das wäre so eine Möglichkeit.

Die Voraussetzung für ein Gelingen von Bildungslandschaften oder -netzwerken ist eine strukturelle Verankerung in der Kommune oder Region. Wenn das nicht gegeben ist, dann ist die Wirkung für die Kinder und Jugendlichen auch nicht wie erwartet.

Viola Kelb

Franziska Schönfeld: Der Aufbau des Netzwerks ist ein langfristiger gemeinsamer Identitätsprozess. Zu verstehen, welche Rollen und Kompetenzen die jeweiligen Akteure oder die Kommune einnehmen und einbringen können und wie man sich als gemeinsames Netzwerk durch Synergien voranbringen kann, braucht Zeit. Viele der Praxisakteur*innen hatten in und außerhalb von „Kultur macht stark“ bereits vereinzelt zusammengearbeitet. Sämtliche Rückmeldungen der Beteiligten zeigen jedoch, dass es ihnen nicht möglich ist, den Aufbau von Netzwerken ohne eine externe fachliche Begleitung zu leisten.

Gemeinsame Ziele, klare Rollen, Ressourcen für die Netzwerkarbeit, aber auch Zeit und Vertrauen – das sind zentrale Gelingensbedingungen. Dies wird in der alltäglichen Zusammenarbeit fast immer unterschätzt. Die große Stärke von K² ist, dass diese Basis schrittweise aufgebaut und begleitet wird.

Das Interview ist erstveröffentlicht in der Arbeitshilfe „Bildungslandschaften. Perspektive Kinder- und Jugendarbeit“ der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (2019):

Zitiervorschlag

BKJ: Mehr Vernetzung, mehr Teilhabe?!
https://www.bkj.de/ganztagsbildung/wissensbasis/beitrag/mehr-vernetzung-mehr-teilhabe/
Remscheid und Berlin, .

    BKJ-Inhalt

    Typo: 310

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