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Interview
Mit Authentizität politisch gestalten
Im Gespräch mit Clara Wengert, Geschäftsführerin der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ)
10.01.22
Im Januar 2022 begrüßt der Dachverband für Kulturelle Bildung, BKJ, Clara Wengert als neue Geschäftsführerin. Im Gespräch erzählt sie von ihrer Motivation für ihre neue Tätigkeit, ihren bisherigen Schwerpunkten und davon, welchen Blick sie auf Kulturelle Bildung hat.
Clara Wengert ist seit 2022 Geschäftsführerin der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ). Zuvor war sie Geschäftsstellenleiterin des Deutsch-Afrikanischen Jugendwerks von Engagement Global und fünf Jahre Geschäftsführerin des Deutschen Bundesjugendrings.
Mir ist Authentizität besonders wichtig. Wenn ich etwas politisch vertrete, dann muss es in den Strukturen auch tatsächlich so sein – Stichwort: Beteiligung, Nachhaltigkeit oder Diversität.
Clara Wengert, BKJ
Was hat deine bisherige Arbeit geprägt und was bringst du in deine neue Tätigkeit bei der BKJ ein?
Ich war Geschäftsführerin beim Deutschen Bundesjugendring und zuletzt Geschäftsstellenleitung beim Deutsch-Afrikanischen Jugendwerk bei Engagement Global. Ich schöpfe für die Tätigkeit bei der BKJ daher aus der Erfahrung mit einer Behörde aber v. a. aus meiner Arbeit mit zivilgesellschaftlichen Strukturen insbesondere Strukturen der Jugendarbeit und Jugendhilfe. Auch das Thema Lebenswelten junger Menschen würde ich nennen. Ich habe mich vielfältig dafür eingesetzt, diese zu repräsentieren und zu vermitteln, an welchen Stellschrauben Politik besser im Sinne der jungen Menschen drehen kann.
Und dann gibt es auch noch Punkte – Herzensanliegen −, die eher aus mir selbst oder meinem Ehrenamt entspringen: Das ist zum einen das Thema Nachhaltigkeit. Und das ist die Internationalität. Ich selbst habe binational studiert, Deutsch-Französisch. Ich habe eine Zeit lang in Kanada und in Frankreich gelebt und bin stellvertretende Vorsitzende in der internationalen Dachorganisation der NaturFreunde Deutschlands. Beides möchte ich natürlich gerne in viele Bereiche hineintragen.
Was motiviert dich?
Ich komme ja aus der Jugendselbstorganisation und habe mich viel in jugendpolitischen Kontexten bewegt. Das ist auch das, was mich antreibt: selbst die Möglichkeit zu haben, politisch mitzugestalten. Ich habe die Erfahrung, Interessen zu vertreten gegenüber Parlament, Ministerien, Öffentlichkeit und damit wirklich etwas bewegen zu können. Und das ist auch der Leitgedanke für mich bei der BKJ. Mit einem großen Erfahrungsschatz aus der Jugendbeteiligung und den Kenntnissen der politischen und Verwaltungsstrukturen wechsle ich jetzt in eine Organisation, in der ich mich aus der Position der Erwachsenen für junge Menschen einsetzen kann. Dabei ist mir Authentizität besonders wichtig. Wenn ich etwas politisch vertrete, dann muss es in den Strukturen auch tatsächlich so sein – Stichwort: Beteiligung, Nachhaltigkeit oder Diversität. Denn wenn man etwas vor sich her trägt, was bei genauem Hinsehen nicht standhält, dann kann man damit nicht politisch arbeiten.
Welchen Blick hast du auf Kulturelle Bildung? Was bedeutet sie für dich ganz persönlich?
Ich kann mich dem Blick der BKJ auf die Potenziale Kultureller Bildung für die Persönlichkeitsbildung sehr stark anschließen. Mein eigener Zugang zu Kultureller Bildung ist schon ein sehr früher – über Musik, Rhythmik, Tanz und später auch Sprachen. Meine Mutter ist Musikschullehrerin gewesen. Das hat mich zwangsläufig sehr stark geprägt. In meiner Aufgabe jetzt bei der BKJ sehe ich aber v. a. die Persönlichkeitsbildung, also Kulturelle Bildung als eine Möglichkeit für Kinder und Jugendliche, sich selbst und das eigene Umfeld besser kennenzulernen, eine eigene Haltung zu entwickeln.
Wir können etwas vermitteln, wir können Werte rüberbringen und mit Kindern und Jugendlichen demokratische Strukturen erproben.
Clara Wengert, BKJ
Welche Chancen und Potenziale hat Kulturelle Bildung deiner Meinung nach?
Kulturelle Bildung ist definitiv sehr vielfältig. Sie hat sehr viele Stärken, die oft nicht als dazugehörig wahrgenommen werden. Vielleicht weil der Begriff relativ abstrakt ist. Und trotzdem spielt Kulturelle Bildung für viele Kinder und Jugendliche eine große Rolle, die das aber nie so benennen würden. Natürlich. Aber genau das ist die Möglichkeit, auch Zugänge zu schaffen, die andere Ansätze nicht bewerkstelligen. Damit können wir etwas vermitteln, wir können Werte rüberbringen und mit Kindern und Jugendlichen demokratische Strukturen erproben.
Welche Herausforderungen siehst du für die Kulturelle Bildung aktuell?
Ich glaube, es gibt noch eine Diskrepanz zu überwinden zwischen dem, wie man politisch wahrgenommen wird und dem, was tatsächlich in den Strukturen gelebt wird. Das beziehe ich insbesondere auf das Thema Nachhaltigkeit. Es wird wirklich viel umgesetzt, aber ich glaube dass es da Möglichkeiten gibt, noch viel besser sichtbar zu werden. Und bestimmt ist es an manchen Stellen auch notwendig, die eigenen Aktivitäten noch weiterzuentwickeln.
Und dann gibt es natürlich die Herausforderungen, die gerade jetzt nicht nur auf Kulturelle Bildung, sondern auf fast alle Lebensbereiche zukommen: Digitalisierung, die gesellschaftlichen Umbrüche und ein Umgang damit. Es geht darum, gute Lösungen zu finden und Veränderungen nicht zu verwehren, sondern eher die neuen Ansätze zu integrieren und zu schauen, wie man damit Mehrwert schaffen kann.
Worauf freust du dich in deiner Tätigkeit?
Ich freue mich v. a. auf das politische Mitgestalten. Mir ist es wichtig zu allererst ein Gefühl dafür zu entwickeln, was ist das, was die Mitglieder gerade umtreibt, wo sie Probleme haben, aber wo auch Dinge gut laufen. Meine Rolle sehe ich dann darin, das entsprechend zu gestalten, Möglichkeiten zur Umsetzung der gemeinsamen Ziele auszuloten und diese anzugehen.
Welches Potenzial siehst du in der Struktur des Dachverbands für Kulturelle Bildung?
Die Vielfalt der Mitgliederstrukturen. Ja, das ist auch das, was ich besonders reizvoll finde an der Aufgabe. Da gibt es Träger, die viel mit Schule arbeiten, welche, die rein ehrenamtlich funktionieren, es gibt Spartenverbände, Akademien und die Landesverbände mit wiederum einer eigenen komplexen Struktur. Die Interessen sind da sehr vielfältig, aber auch die Ansätze und die Erfahrungen. Und damit auch die Möglichkeiten, Dinge zu gestalten. Die BKJ ist eine Struktur, die in die Fläche gehen kann, weil sie in Deutschland wirklich überall Mitglieder hat, die mit ihrer Arbeit und den kulturellen Bildungsangeboten für Kinder und Jugendliche sowohl ländliche Strukturen als auch Städte abdecken kann. Ich finde es unglaublich spannend, zu schauen, was funktioniert wo, wer bringt welche Erfahrungen mit, wie kann man voneinander lernen. Eine Bottom up Struktur bedeutet ja, dass die Ansätze bei den Mitgliedern entwickelt werden.
Wie stellst du dir eine Zusammenarbeit mit anderen zivilgesellschaftlichen Partnern vor, um für eine kinder- und jugendgerechte Gesellschaft einzutreten?
Ich halte es für super wichtig, Allianzen zu suchen und zu gucken, wo kann man gemeinsam Dinge vorantreiben. Welche möglichen Partner mit welchen Schnittmengen zu unseren Anliegen gibt es, mit denen wir gemeinsam unsere zivilgesellschaftlichen Aufgaben umsetzen können. Da geht es sicher viel um Kinder- und Jugendarbeit, aber nicht nur. Auch grundsätzliche Themen der Zivilgesellschaft in Deutschland beschäftigen uns, etwa Gemeinnützigkeit oder Antirassismus-Arbeit.
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