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Interview
Freiwilliges Engagement braucht gute Rahmenbedingungen
14.12.17
Im Interview erzählt Birgit Bursee von der Freiwilligenagentur Magdeburg welche Funktion Freiwilligenagentruen in der Kommune übernehmen, wie sie Wirkung entfalten und welche Aufgabe sie in einem Netzwerk für eine lokale Bildungslandschaft wahrnehmen können.
Birgit Bursee studierte Lehramt und Erziehungswissenschaften in Leipzig und arbeitete viele Jahre in verschiedenen Projekten der kulturellen Kinder- und Jugendbildung. Seit deren Gründung 2005 leitet sie die Freiwilligenagentur Magdeburg und ist außerdem 1. Vorsitzende der...
Welche Rolle spielen Freiwilligenagenturen als Anlaufstellen für Engagement in der Kommune?
Freiwilligenagenturen sind Netzwerk- und Informationsstellen für bürgerschaftliches Engagement, also für alle Fragen, die sich für unterschiedlichste Akteure und Interessierte in diesem Themenfeld ergeben. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie träger- und bereichsübergreifend tätig sind. Sie werben also für freiwilliges Engagement nicht nur innerhalb der eigenen Strukturen und sie sind oft Motoren für neue und innovative Projektansätze.
Haben sie auch eine Vermittlungsfunktion?
Der Begriff Vermittlung taucht natürlich sehr häufig auf, vielleicht auch durch den Namen Agentur. Aber wir sehen uns in erster Linie als Vermittler von Kontakten, Informationen und Ideen. Das „Bestellen“ von Freiwilligen funktioniert natürlich nicht, auch wenn sich manche Organisationen das wünschen würden. Schließlich geht es um selbstbestimmtes freiwilliges Engagement. Wir liefern Impulse für Engagement und beraten Vereine und Organisationen, wie gutes Freiwilligenmanagement funktionieren kann.
Und wie funktioniert das?
Spontan klappt es meistens eben nicht. Genau wie ich Inszenierungen und Kampagnen plane, muss ich planen, welche Personen ich wie und wann gewinnen möchte. Auch in die Zusammenarbeit mit Freiwilligen muss ich erstmal investieren, Abläufe umbauen und Ressourcen freischaufeln, bevor ich von der Kreativität und der Unterstützung der Freiwilligen profitieren kann. Die erste Reaktion in Organisationen ist meistens: „Hilfe, da bekomme ich ja noch mehr Arbeit, ich wollte doch Unterstützung!“. Da müssen wir dann für langfristige Veränderungen werben.
Wie lassen sich gute Kooperationen zwischen Kultur- und Bildungseinrichtungen und freiwillig Engagierten herstellen?
Kultur und Bildung sind zwei große Bereiche, für die es auch viele Interessierte gibt. Meine Wahrnehmung ist allerdings, dass sich besonders viele Kultureinrichtungen oft schwer damit tun, mit Freiwilligen zusammenzuarbeiten. Meine These ist, dass das daran liegen könnte, dass gerade kleine Kultureinrichtungen immer auch um Ressourcen ringen: viele Honorarkräfte, immer projektbezogen und meist unterfinanziert. Da, so mein Gefühl, entstehen schnell Grauzonen zum Themenfeld „freiwilliges Engagement“. Wenn die Aufgabenteilung zwischen Haupt- und Ehrenamt nicht klar ist, entstehen Berührungsängste und Konflikte. Dabei denke ich, dass es viele Kultureinrichtungen gibt, die freiwillig Engagierten attraktive Einsatzfelder zu bieten hätten. Die Einbindung von Freiwilligen muss aktiv gestaltet werden, würde sich aber in jedem Fall lohnen – und das meine ich nicht monetär.
Sind Freiwilligenagenturen an lokalen Bildungslandschaften interessiert?
Lokale Bildungslandschaften gehören nicht zu den zentralen Pfeilern unserer Arbeit, aber es gibt viele Freiwilligenagenturen, die sich als Kooperationspartner in Bildungslandschaften ihrer Kommune verstehen. Starre Zuständigkeiten und Abgrenzungen in den Förderlogiken erschweren allerdings oft die Zusammenarbeit, erst recht in befristeten Projekten. Für nachhaltige Kooperationen braucht es auch langfristige Fördermodelle. Wenn es um den Aufbau von Kooperationen zwischen Schulen und Partnern aus dem Kultur- und Sozialbereich geht, ist ein Zeitraum von fünf Jahren kurz. Für tiefgreifende Veränderungen, um langfristig gemeinsam zu denken und Ideen zu entwickeln, braucht es andere Rahmenbedingungen.
Langfristige Zusammenarbeit ist also ein wichtiger Aspekt. Aber wie weit können Freiwilligenagenturen überhaupt wirken?
Das Handlungsfeld orientiert sich oft an kommunalen Strukturen, schließlich findet freiwilliges Engagement in der Regel auf kommunaler Ebene statt. Aber es hat natürlich auch etwas mit der Finanzierung zu tun. Freiwilligenagenturen sind oft auf einen Mix aus kommunalen Geldern, Landes- und Bundesmitteln, Stiftungs- und Sponsorengeldern angewiesen. An der inhaltlichen Ausrichtung orientiert sich dann auch der Wirkungskreis.
Sinnvoll ist aber sicherlich eine gute lokale Verankerung der Freiwilligenagentur, weil der Kontakt mit Organisationen und Freiwilligen einfach vor Ort passiert, das Engagement ist in der Regel lokal. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass das im ländlichen Raum natürlich zum Problem werden kann, weil die Wege weiter sind. Da sind Freiwilligenagenturen dann vielleicht seltener im direkten persönlichen Kontakt aktiv, sondern haben mehr Netzwerk- oder Öffentlichkeitsarbeit im Fokus.
Und welche Aufgabe kann eine Freiwilligenagentur in einem solchen Netzwerk für eine lokale Bildungslandschaft übernehmen?
Wir waren schon öfter Teil von Bildungsbündnissen. Die Vermittlung von Kooperationspartnern ist ganz klar unsere Kompetenz und auch in Projektentwicklungsphasen können wir unsere Kompetenzen einbringen. Daneben sind wir natürlich die richtigen Ansprechpartner, wenn es um die Einbindung von Freiwilligen geht. Öffentlichkeitsarbeit und der Informationsfluss zu potentiellen Engagierten sind Aufgaben, die wir durch unsere guten Netzwerkkontakte relativ leicht übernehmen können. Außerdem können wir konzeptionell gute Impulse liefern, vor allem wenn es um konkrete Zielgruppen geht, weil wir einen inklusiven und spartenübergreifenden Blick haben und mit vielen Akteuren in Kontakt kommen. Wir veranstalten oft auch Fortbildungen und andere Veranstaltungen und kennen uns also auch gut in der Veranstaltungsorganisation aus. Damit eine Kooperation klappt, ist es auf jeden Fall wichtig, die Aufgaben aller Partner genau zu klären.
Das Interview ist erstveröffentlicht in: Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (Hrsg.) (2017): Themenheft Kommune. Kommunal. Lokal. Regional – Bildungsbündnisse vor Ort vernetzen und verankern. Online-Publikation. Berlin.