Wider den Pflichtdienst
Für ein Mehr an Freiwilligendiensten
Für ein Mehr an Freiwilligendiensten
Die Wiedereinführung der Wehrpflicht hatte die CDU im Frühjahr und Sommer 2018 auf ihre Agenda gesetzt. Das Thema ist so weit gediehen, dass in der kommenden Legislaturperiode die CDU das Thema in ihr Regierungsprogramm einfließen lassen möchte.
Nun melden sich viele andere mit ihrer Haltung zu einer allgemeinen Dienstpflicht zu Wort. Für die BKJ ist klar: „Ein Pflichtdienst junger Menschen widerspricht elementaren Freiheits- und Grundrechten. Eine Dienstverpflichtung wäre eine Zwangsmaßnahme, die der Vorstellung eines konstruktiven Miteinanders der Generationen zuwiderläuft.“ So heißt es in der Stellungnahme „Wider dem Pflichtdienst“.
Das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) bietet seit über 50, das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) seit 25 und der Bundesfreiwilligendienst (BFD) seit sieben Jahren interessierten Menschen die Möglichkeit zum Engagement. Zentrales Charakteristikum der Dienste ist die Freiwilligkeit. Auf Freiwilligkeit fußt die Motivation zum Engagement.
Mehr als 100.000 überwiegend junge Menschen ab 16 Jahren sind jedes Jahr motiviert, sich auf diese Weise für die Gesellschaft zu engagieren. Sie absolvieren in einer gemeinwohlorientierten Einrichtung einen Freiwilligendienst. Aufgrund des Engagements dieser Menschen schreiben die gesetzlich geregelten Freiwilligendienste eine Erfolgsgeschichte.
Dem entgegen steht ein Pflichtdienst. Ein Pflichtdienst widerspricht nicht nur elementaren Freiheits- und Grundrechten, sondern wäre auch eine Zwangsmaßnahme, die der Vorstellung eines solidarischen Miteinanders der Generationen zuwiderläuft. Eine Dienstverpflichtung ist zudem keine passende Antwort auf die Herausforderungen des derzeitigen Fachkräftemangels und Entlohnungsdefizites im Bildungs-, Gesundheits- und Pflegebereich.
Ein Pflichtdienst kann und darf kein Ersatz für professionelle Tätigkeiten in diesen Bereichen sein, stattdessen müssen diese Berufe dringend aufgewertet werden. Durch einen Pflichtdienst werden sie aber nicht auf-, sondern eher abgewertet. Zudem werden bei der Befürwortung eines Pflichtdienstes die immensen Kosten ignoriert, die alleine für die Organisation entstehen würden. Mit einem Bruchteil dieser Kosten könnte der seit langem geforderte qualitative wie quantitative Ausbau der Freiwilligendienste erreicht werden.
Denn die Nachfrage nach Freiwilligenplätzen z. B. in der sozialen Arbeit, im Umwelt- und Naturschutz, im Rettungsdienst, in der Kinder- und Jugendarbeit, im Sport, im Kultur- oder im Bildungsbereich ist nach wie vor groß! Die Schaffung zusätzlich notwendiger Freiwilligenplätze ist wegen fehlender Finanz- und Fördermittel nicht möglich. Ein quantitativer und qualitativer Ausbau der Freiwilligendienste würde es mehr Menschen ermöglichen, sich alternativ zu anderen Angeboten aus eigenem Antrieb und aus freien Stücken für ein gesellschaftliches Engagement entscheiden zu können.
Freiwilligendienste sind ein Bildungs- und Orientierungsangebot. Freiwillige engagieren sich ohne Erwerbsabsicht, ihr Einsatz ist zusätzlich. Freiwillige erhalten ein Taschengeld (maximal 390 Euro), sind sozialversichert und gestalten innerhalb eines Jahres ihre 25 Bildungstage aktiv mit.
Anders als bei Pflichtdiensten zu erwarten, ersetzen Freiwilligendienste keine Arbeitsplätze und stehen einer Schaffung nicht entgegen. Freiwillige erhalten gemäß ihrer Interessen wertvolle Einblicke in verschiedene Arbeitsfelder, unterstützen die Beschäftigten und Einrichtungen und erleben Selbstwirksamkeit. Oft lassen sie sich durch die Leistung eines Freiwilligendienstes für das Arbeitsfeld auch langfristig begeistern und absolvieren Ausbildungen in diesem Bereich.
Freiwillige werden pädagogisch begleitet, was besonders wirksam für die Reflexion der Erfahrungen und die Förderung künftigen Engagements ist. Der Bund und einige Länder fördern die pädagogische Begleitung der Freiwilligen. Im BFD und FÖJ fördert der Bund darüber hinaus die Schaffung von Freiwilligenplätzen.
Gleichwohl fehlt es den Freiwilligendiensten an Anerkennung und sie sind mit Zugangsbarrieren verbunden.
Einige Beispiele:
Auch strukturell stehen die Träger, die mehrheitlich die Freiwilligendienste in zivilgesellschaftlicher Verantwortung organisieren, vor Herausforderungen. Die Zuschüsse für die pädagogische Begleitung sind seit Jahren konstant und damit durch Kosten- und Tarifsteigerungen letztlich rückläufig. Der Zugang für Menschen mit Unterstützungsbedarf auf Grund z. B. körperlicher Beeinträchtigung ist wegen nicht verfügbarer Haushaltsmittel und ungeklärter Zuständigkeiten aktuell nahezu unmöglich. Mit dem Ende der EU-Förderperiode 2020 droht in den ostdeutschen Ländern zudem ein Kahlschlag an Freiwilligenplätzen, die bisher stark aus ESF-Mitteln gefördert wurden.
Die Einführung eines Pflichtdienstes ist ein gesellschaftspolitischer Irrweg. Der Ausbau der Freiwilligendienste lässt sich mit politischem Willen gestalten und vermag eine Antwort darauf zu geben, mit welchen Mitteln sich der gesellschaftliche Zusammenhalt in Deutschland stärken lässt.
Statement des Deutschen Kulturrates vom 6. August 2018 „Allgemeine Dienstpflicht? Bürgerschaftliches Engagement darf kein Lückenbüßer für Staatsversäumnisse sein. Der Staat soll die Rahmenbedingungen für ehrenamtliches Arbeiten verbessern, aber keinen Zwangsdienst einführen“
Weitere Meldungen anderer FSJ-Zentralstellen
Pressemeldung BDKJ vom 7. August 2018 „Attraktive Angebote, keine Pflichtdienste”
Pressemeldung DBJR vom 8. August 2018 „Debatte um Pflichtdienste – Engagement wertschätzen, nicht erzwingen!”
Position AKLHÜ vom 14. August 2018 „Freiwilligkeit stärken –
für einen Rechtsanspruch auf nationale und internationale Freiwilligendienste“