Engagement mit Anspruch
Die mangelnde Anerkennung ist ein Aspekt unter vielen, der zeigt: Junges Engagement benötigt Rahmenbedingungen, die es erleichtern, etwa durch Freistellungen seitens von Arbeitgebern oder einem ausreichenden Versicherungsschutz. Das Engagement soll in der Öffentlichkeit sichtbar sein, da es den Jugendlichen sehr wichtig ist, die Gesellschaft offen mitzugestalten und miteinbezogen zu werden. Sie wünschen sich, dass erwachsene Entscheidungsträger*innen ihnen Vertrauen entgegenbringen und auf Augenhöhe behandeln. Darüber hinaus wollen sie über jugendgerechte Kanäle informiert werden und in ihrer alltäglichen Umgebung über Möglichkeiten des Engagements erfahren.
Von allen Kulturengagierten haben 48 Prozent Abitur. Bereits unter den Engagierten bis 21 Jahre besuchen mit 69 Prozent weit mehr als die Hälfte das Gymnasium. Dieser Bildungshintergrund korrespondiert mit dem Anspruch, sich mit dem Engagement neue Kenntnisse aneignen zu wollen. Junge Menschen möchten bei ihrem freiwilligen Engagement etwas lernen, Neues ausprobieren, ihren Horizont erweitern.
Kulturelles Engagement braucht Verjüngung
Vor allem Menschen zwischen 30 und 49 sowie 50 und 64 Jahren engagieren sich in der Kultur. Jüngere Altersgruppen sind dagegen deutlich seltener vertreten. Im Vergleich hierzu sind in allen Engagementbereichen in Deutschland jüngere Altersgruppen stärker vertreten. Folglich ist beim kulturellen Engagement eine Tendenz zur Überalterung zu erkennen.
Die Vereine müssen also Strategien entwickeln, wie sie neue Zielgruppen erschließen und insbesondere junge Menschen besser ansprechen können. Besonders herausfordernd ist es, freiwillig Mitwirkende für ein dauerhaftes Engagement zu gewinnen. 61 Prozent der Vereine sahen 2014 hier ein Problem. Vor allem die Mobilisierung freiwillig Engagierter für Leitungspositionen war schwierig. Für ländliche Kulturvereine war diese Herausforderung noch größer.
Wege zum jüngeren Engagement
Organisationen mit hauptamtlicher Struktur fällt es nicht nur leichter, neue Engagierte zu finden, sie sind auch erfolgreicher darin, Engagierte dauerhaft zu binden. Junge Engagierte möchten auf der einen Seite Verantwortung übernehmen, aber auf der anderen Seite einen Ansprechpartner für ihre Fragen haben. Dies kann ein*e hauptamtliche Mitarbeiter*in sein oder in einer ehrenamtlichen Patenschaft stattfinden, bei der die Patin oder der Pate den eigenen Verantwortungsbereich in enger Absprache etappenweise abgibt, während die dafür notwendigen Kenntnisse weitergegeben werden. Auch Kulturvereine, die mit öffentlichen Einrichtungen zusammenarbeiten, binden leichter neue Engagierte an sich, da sie attraktive Bildungsangebote bereitstellen bzw. sich gezielt an spezielle Zielgruppen richten können. Die Verbindung von einer Bildungsmöglichkeit auf der einen Seite und einem klar definierten Tätigkeitsprofil auf der anderen Seite ist letztlich etwas, das junge Menschen anspricht, die sich für ein Ehrenamt interessieren.
Kultureinrichtungen könnten auch unter Geflüchteten Engagierte finden und versuchen, sie gezielt anzusprechen. Sie würden damit zu mehr Inklusion und Diversität beitragen.
Um Kulturinstitutionen dabei zu helfen, Freiwillige für ein Engagement zu finden, hat die BKJ Empfehlungen für das Engagement in Kultureinrichtungen herausgegeben, die auf den Ergebnissen des Freiwilligensurveys 2014 basieren. Auch in der Jugendstudie „u_count – Gemeinsam Gesellschaft gestalten“ sind Ideen für Politik und Zivilgesellschaft formuliert, wie Jugendliche und junge Erwachsene ihr Engagement konkret gefördert sehen möchten. Besonders gern engagieren sich junge Menschen für ihre eigenen Themen und orientieren sich dabei an ihrer jeweiligen Lebenswelt. Fast die Hälfte der Befragten bringt sich in die außerschulische Jugend- und Bildungsarbeit ein, vor allem dort, wo sie auch selbst mit den Angeboten vor Ort angesprochen werden. Junge Menschen, die sich hingegen noch nicht engagieren, geben neben der Einstellung „andere Sachen sind wichtiger“ vor allem an, nicht zu wissen, welche Möglichkeiten es gibt, um sich zu engagieren. Hier können auch kulturelle Einrichtungen und Vereine ansetzen und z. B. über Kooperationen mit Schulen, aber auch durch das Angebot eines FWD-Platzes in ihrem Haus Engagementmöglichkeiten in Kultur aufzeigen. Weitere Ergebnisse der Jugendstudie finden sich im Beitrag „Junges Engagement und Beteiligung in Krisenzeiten“.
Junge Menschen interessieren sich für Engagement
Viele junge Menschen haben Interesse an einem Engagement. Eine Aufschlüsselung nach freiwillig Engagierten und bisher nicht Engagierten zeigt, jede*r Zweite (59 Prozent) der Nicht-Engagierten könnte sich in Zukunft vorstellen ein freiwilliges Engagement im Bereich Kultur und Musik aufzunehmen. Laut dem letzten Freiwilligensurvey von 2019 sind sich 14 Prozent dieser Gruppe „sicher“ ein Engagement aufnehmen zu wollen. Oft ist das Interesse ein „vielleicht“ (44 Prozent). Diese jungen Menschen in Zukunft für ein freiwilliges Engagement anzusprechen, scheint sinnvoll.
Kulturorganisationen bzw. -vereine, können versuchen Personen ohne Engagement in ihren offenen Angeboten anzusprechen oder Informationen für junge Menschen bereitzustellen. Das „vielleicht“ verweist auf Fragen bei den Nicht-Engagierten und die Notwendigkeit von Information und Ansprechpersonen bei den Kulturorganisationen.
Weiter gibt etwa die Hälfte der Freiwilligen regelmäßig an, dass ihre Engagementbereitschaft durch ihren Freiwilligendienst bestärkt wurde. Aus den Befragungen in den Freiwilligendiensten Kultur und Bildung geht hervor, dass ganz entscheidend ist, ob Freiwillige ihre Tätigkeit als gesellschaftlich wichtig einstufen. Mehr dazu in der BKJ-Publikation zu freiwilligem Engagement in Kultur im Abschnitt „Freiwilligendienste als nachhaltiger Anstoß für kulturelles Engagement“. Diese Ergebnisse decken sich mit denen der Ehemaligen-Evaluation von 2020 bis 2022: Erleben Ehemalige ihren Freiwilligendienst als gesellschaftlich relevant, 80 Prozent stimmten hier zu, sind sie zufriedener und stärker bereit, sich weiterhin zu engagieren. Etwa die Hälfte der ehemaligen Freiwilligen war und ist engagiert. Weitere 30 Prozent können sich ein freiwilliges Engagement vorstellen.