Die Klimakrise ist die Realität, in der Jugendbildungsarbeit und Jugendaustausch stattfinden. Die Jugendakademie Walberberg hat sich auf einer Fachtagung intensiv mit der Frage befasst, wie sich Internationalität und Globalisierung mit der Klimakrise zusammenbringen lassen. Die Walberberger Erklärung fasst die wichtigsten Erkenntnisse der Tagung zusammen und formuliert Vorschläge, wie sich internationale Jugendarbeit und -bildung – inhaltlich und förderpolitisch – unter Vorgaben der Klimakrise umsetzen lassen. Für das politische Handeln wie auch für die Bildungs- und Begegnungsarbeit sind der Erklärung zufolge Paradigmen- und Perspektivenwechsel unabdingbar. Es müssten neue Narrative entwickelt werden, damit notwendige Veränderungen als Chance statt als Verzicht begriffen würden.
Veränderte Mobilität
In der Erklärung heißt es weiter, dass auf innereuropäische Flugreisen künftig verzichtet werden sollte, wofür u. a. ein Ausbau des Zugverkehrs erforderlich sei, aber auch veränderte Haltungen und Konzepte:
„Im Bereich der Mobilität gilt es, den Menschen als Bezugsrahmen zu sehen und nicht die Technik. Für ein verändertes Mobilitätsverhalten sollten Nah-Räume aufgewertet und gleichzeitig Begegnungen in der Ferne anders gestaltet werden. Eine veränderte, nachhaltigere Form des Reisens, […], macht einen veränderten Umgang mit Zeit erforderlich. Der Weg sollte auch Teil des Ziels sein.“
Walberberger Erklärung
Teilhabe und Beteiligung
Gerade in Hinblick auf Nachhaltigkeit gelte es zudem, die Teilhabe von jungen Menschen weiter zu stärken, ihnen zuzuhören, Formate und Verfahren der Jugendbeteiligung auszubauen und vor Ort in Kommunen, auf landes- und bundespolitischer Ebene wie auch bei der Gestaltung von europäischen Programmen ernst zu nehmen:
„Wenn sich Bildungsarbeit zukünftig weiterhin erfolgreich an Jugendliche wenden will, so muss diese auch deren Forderungen nach mehr Nachhaltigkeit gerecht werden.“
Walberberger Erklärung
Auch gelte es Nachhaltigkeit als Bildungsthema im schulischen Bereich, in Jugendverbänden und in Bildungsprogrammen stärker zu verankern: Bildungseinrichtungen müssten zu nachhaltig ausgerichteten Lernorten ausgebaut werden.
Digitale Begegnungsarbeit ausbauen
Um Reisen zu reduzieren wird außerderm vorgeschlagen, auch über die Corona-Krise hinaus digitale Begegnungs- und Bildungsformate verstärkt einzubeziehen. Dabei gelte es, den erhöhten Betreuungsaufwand zu berücksichtigen und zielgruppengerechte digitale Settings zu entwickeln.
Nachhaltigkeit als Standard im Jugendaustausch
Fördermittelgeber sehen die Verfasser*innen der Walberberger Erklärung in der Mit-Verantwortung, nachhaltiges Reisen im Jugendaustausch einzufordern und umzusetzen sowie digitale Aktivitäten zu ermöglichen. Daraus ergeben sich konkrete Forderungen:
- Nachhaltigkeit muss als Standard in Maßnahmen in Förderprogramme aufgenommen werden und muss durch Förderanreize und Fördervorgaben umgesetzt werden.
- Für ökologische/nachhaltige Reiserichtlinien müssen neue Berechnungsgrundlagen erarbeitet werden. Nachhaltigkeit als verbindlicher Standard hat Auswirkungen auf Reiseart, veränderte Zeiten, Aufenthalte, Räume, erhöhtem personellen Vorbereitungsaufwand oder entstehende Kompensationsleistungen.
- Digitale Aktivitäten bilden zusätzliche Möglichkeiten für Begegnung, Bildung und Vernetzung und müssen als solche finanziert werden. Dies umfasst auch die Finanzierung von digitaler Ausstattung, um möglichst viele Zielgruppen zu erreichen und keine Gruppen auszugrenzen.
Die gemeinsam von JUGEND für Europa, der Jugendakademie Walberberg und Germanwatch digital ausgerichtete Fachtagung „jung – mobil – nachhaltig!? Jugendmobilität in Zeiten von Corona und Klimakrise“ fand vom 10. bis 11. Mai 2021 statt.