Die Spitzen der an den Demonstrationen beteiligten Verbände äußern sich gleichermaßen bestürzt und fassungslos darüber, dass Kürzungen für die Kinder- und Jugendarbeit gerade in Zeiten wie diesen ernsthaft diskutiert werden. Eine Zusammenschau.
BKJ
Die Vorsitzende der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ) äußert sich im Vorfeld zu den Demonstrationen am 20. September 2023 in Berlin wie folgt:
Kinder und Jugendliche haben stark zurückstecken müssen in der Pandemie. Jetzt den Rotstift bei der Infrastruktur der Kinder- und Jugendhilfe – und damit auch der Kulturellen Bildung – anzusetzen, ist ein absolut falsches politisches Signal an die nächste Generation! Kinder und Jugendliche brauchen für ein gutes Aufwachsen Räume für Kreativität, den eigenen Ausdruck, für Aushandlungsprozesse und Mitgestaltung ‒ dies umso mehr angesichts aktueller multipler Krisen. In Zeiten wie diesen sind Kinder und Jugendliche auf verlässliche und tragbare Strukturen der Kinder- und Jugendarbeit angewiesen. Statt zu kürzen, ist es Aufgabe der Bundesregierung mit dem Förderinstrument Kinder- und Jugendplan diese Strukturen nicht nur sicherzustellen, sondern zum Wohle der jungen Menschen auch zu stärken.
Prof.in Dr.in Susanne Keuchel, Vorsitzende der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ)
AGJ
Die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Kinder und Jugendhilfe (AGJ) Prof.in Dr.in Karin Böllert warnt vor den Folgekosten, die die geplanten Kürzungen im KJP mit sich brächten:
Das ist Sparen an der Gegenwart und Zukunft der jungen Generation und erzeugt in jedem Fall höhere Folgekosten.
Prof.in. Dr.in Karin Böllert, Vorsitzende der AGJ
DBJR
Von „fatal“ und „Trugschluss“ ist die Rede bei den Vorsitzenden des Deutschen Bundesjugendrings (DBJR):
Aus unserer Sicht ist die Entscheidung der Bundesregierung, den Kinder- und Jugendplan des Bundes massiv um fast ein Fünftel zu kürzen, ein fatales Signal für junge Menschen in Deutschland. Die Bundesregierung nimmt in Kauf, mühsam und über Jahre aufgebaute Strukturen für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in kurzer Zeit zu zerschlagen. Der Umgang der Bundesregierung mit der Zivilgesellschaft, welche die Demokratie in Deutschland trägt, macht mir große Sorgen.
Daniela Broda, Vorsitzende DBJR
Mit diesen Plänen liegt die Bundesregierung einem fiskalischen Trugschluss auf: Anstatt im Interesse der jungen Generation zu handeln, spart die Bundesregierung an der Zukunft. Das, was heute nicht in junge Menschen investiert wird, wird uns als Gesellschaft in einigen Jahren noch sehr teuer zu stehen kommen.
Wendelin Haag, Vorsitzender DBJR
AdB
Der Vorsitzende des Arbeitskreises deutscher Bildungsstätten (AdB), Boris Brokmeier, warnt vor den gesellschaftlichen Konsequenzen, die ein Wegfall zahlreicher Angebote der Kinder- und Jugendarbeit zur Folge hätte:
Die Kürzungen im Kinder- und Jugendplan des Bundes sind nicht zu verantworten! Sie treffen junge Menschen, weil sie dazu führen werden, dass Angebote, Räume, Gelegenheiten für Kinder und Jugendliche für gemeinsames Erleben, für Austausch und neue Erfahrungen gestrichen werden. Auch die Angebote politischer Bildung werden davon betroffen sein. Ich kann nicht glauben, dass in Zeiten von wachsender Demokratieverdrossenheit und Hassrede im Netz, von Verschwörungserzählungen und erstarkendem Rechtspopulismus ausgerechnet bei der politischen Bildung für junge Menschen gespart werden soll. Wie passt das zu einer Koalition, die sich Freiheit und Gerechtigkeit auf die Fahnen geschrieben hat?
Boris Brokmeier, Vorsitzender des Arbeitskreises deutscher Bildungsstätten (AdB)
dsj
Welche gesellschaftliche Bedeutung der Sport für Kinder und Jugendliche einnimmt, lässt sich durch den Beitrag von Setfan Raid, Vorsitzender der Deutschen Sportjugend (dsj), erahnen:
Der Jugendsport ist der Motor unserer Gesellschaft! Wir brauchen ausreichend finanzielle Förderung, um als handlungsfähige Jugendsportstrukturen essentielle Beiträge, wie Bewegungsförderung, Stärkung von Partizipation, Engagement von jungen Menschen, politische Bildung und Gesundheitsförderung für unsere Gesellschaft zu leisten.
Stefan Raid, Erster Vorsitzender der Deutschen Sportjugend (dsj)
bap
Ganz besonders deutlich wird der Widerspruch der geplanten Kürzungen im Kontrast zur gesellschaftspolitischen Situation. Wilfried Klein, Vorsitzender des Bundesausschusses Politische Bildung (bap) e. V. beklagt:
Wer angesichts des Erstarkens extremistischer Kräfte in der Bundesrepublik den Trägern der politischen Bildung ihre Gelder kürzt, schwächt die Demokratiearbeit. Und die ist wichtiger denn je. Wir brauchen mehr, nicht weniger Geld für unsere Arbeit.
Wilfried Klein, Vorsitzender des Bundesausschusses Politische Bildung (bap) e.V.
GEMINI
Hanna Lorenzen, Sprecherin der Gemeinsamen Initiative der Träger politischer Jugendbildung (GEMINI) äußert sich insbesondere zu den Konsequenzen der Kürzungen:
Mit den geplanten Kürzungen werden die Teilhabechancen von Kindern und Jugendlichen in unserer Demokratie beschnitten. Es steht zu befürchten, dass sich ein Leistungs- und Personalabbau zuerst dort bemerkbar machen würde, wo Bildungseinrichtungen und Einrichtungen der Jugendarbeit bereits heute über geringere Ressourcen verfügen: vor allem in strukturschwachen Räumen und in den ostdeutschen Bundesländern. Sie und ihre Bildungsarbeit gerade jetzt zu schwächen, ist angesichts der bestehenden Herausforderungen nicht nachvollziehbar.
Hanna Lorenzen, Sprecherin der Gemeinsamen Initiative der Träger politischer Jugendbildung (GEMINI)
Weitere Informationen
Beitrag (BKJ) „Bedeutung und Funktion des Kinder- und Jugendplans (KJP) und der KJP-geförderten Infrastrukturen der Kulturellen Bildung“
Nachricht (BKJ) „Demonstrationen: Gegen die Kürzungen in der Kinder- und Jugendarbeit und den Freiwilligendiensten“ (06.09.2023)
Nachricht (BKJ) „Bundeshaushalt 2024 kürzt Kinder- und Jugendplan und Freiwilligendienste“ (07.07.2023)
Position „Kürzungen am Kinder- und Jugendplan (KJP) des Bundes abwenden – bundeszentrale Infrastruktur der Kinder- und Jugendhilfe bewahren und stärken! Aufruf an die Jugendpolitiker*innen und die Haushaltspolitiker*innen im Bundestag“ (Juli 2023)