Als Reaktion auf Berichte über die Zunahme von Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen in der Corona-Krise hat der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) eine Website gestartet, auf der Kinder und Jugendliche direkten Kontakt zu Beratungsstellen finden. Auch Erwachsene bekommen dort Informationen, was sie bei sexueller und anderer familiärer Gewalt in der Corona-Krise tun können.
Schulen, Vereine, Kindertagseinrichtungen, Jugendclubs – alle Orte, an denen sonst Spuren von Misshandlungen entdeckt werden könnten, haben geschlossen, Täter*innen sind den ganzen Tag über zuhause. In dieser Situation müsse jede*r versuchen, Kinder in der eigenen Nachbarschaft zu schützen, so der UBSKM.
„Mit der Aktion ‚Kein Kind alleine lassen‘ verbinde ich den dringenden Appell an die Bevölkerung, in der aktuellen dramatischen Situation Kinder nicht aus den Augen zu verlieren. Wir geben mit der Website den Menschen die Möglichkeit aktiv mitzuhelfen. Auf der Seite sind neben Infos und weiteren Weblinks auch Flyer und Plakate zum Ausdrucken. Wir wollen klarmachen: Schon das Aufhängen eines Flyers im Hausflur kann helfen, die Nachbarschaft daran zu erinnern, sich um Kinder und Jugendliche aus dem eigenen Umfeld zu kümmern und aufeinander aufzupassen.“
Johannes-Wilhelm Rörig, Unabhängiger Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) der Bundesregierung
Auf der Website www.kein-kind-alleine-lassen.de finden Menschen Flyer, die sie ausdrucken und im Hausflur, im Ladenfenster oder im Supermarkt aushängen können. Auf den Flyern stehen die wichtigsten Notrufnummern oder Tipps für Kinder und Jugendliche, was sie tun können, wenn sie in Gefahr sind und wo sie jemanden erreichen, der ihnen hilft.
Rausgehen und Hilfe holen ist auch in der Corona-Krise erlaubt
„Zahlreiche Expertinnen und Experten aus Fachberatungsstellen weisen auch angesichts der aktuellen Situation eindringlich darauf hin, wie wichtig es ist, Kinder und Jugendliche direkt anzusprechen und ihnen zu vermitteln: Es gibt Hilfe!“, so der der Missbrauchsbeauftragte weiter. „Dazu gehört auch, dass wir ihnen sagen: Wenn du es nicht mehr aushältst, lauf aus dem Haus, bitte jemanden um Hilfe oder geh zur Polizei. Kinder müssen wissen: Das ist auch in der Corona-Krise erlaubt.“
Auf der neuen Website gibt es darüber hinaus viele Materialien, die auch für die Verbreitung auf Social Media genutzt werden können. Der Bereich für Erwachsene enthält nicht nur Materialien zum Teilen und Verbreiten, sondern auch Informationen zum richtigen Verhalten bei einem Verdacht auf sexuelle und andere familiäre Gewalt im Umfeld. Außerdem gibt es ein Verzeichnis wichtiger Anlaufstellen, die auch während der Corona-Krise erreichbar sind.
Direktkontakt mit Exit-Knopf
Der Bereich für Kinder und Jugendliche bietet Direktkontakt per Chat, Mail oder Telefon zu Hilfeangeboten. Kinder finden hier auch Tipps, was sie tun können, wenn sie von Gewalt bedroht sind. Ergänzt wird das Angebot mit den Kontaktdaten wichtiger Kinder- und Jugendberatungsstellen. Für den Notfall, dass ein*e Täter*in in das Zimmer kommt, während ein Kind auf der Seite Hilfe sucht, gibt es einen Exit-Knopf, der die Seite sofort verschwinden lässt.
Erste Rückmeldungen von Beratungsstellen zeigen, dass Anrufe trotz der befürchteten Zunahme häuslicher Gewalt eher rückläufig sind. Die Erklärung der Expert*innen: Von Missbrauch und anderer Gewalt gefährdete oder betroffene Kinder können nicht unbeobachtet telefonieren, wenn Täter*innen ganztägig zuhause sind. Auch deshalb ist laut UBSKM ein Online-Angebot wie www.kein-kind-alleine-lassen.de zurzeit der richtige Weg, um Kinder und Jugendliche zu erreichen.