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„Wir brauchen Räume und Anlaufpunkte“
Aus der Praxis

„Wir brauchen Räume und Anlaufpunkte“

Projekt „Kulturelle Teilhabe: Zugänge zur Kultur für und mit jungen Menschen – Zukunftswerkstatt“, Koordinierungsstelle „Engagierte Stadt“, Dessau-Roßlau

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Bild: Stadt Dessau-Roßlau/Pressestelle

Die Koordinierungsstelle „Engagierte Stadt“ Dessau-Roßlau will Jugendliche stärker an Kultur heranführen und dafür passende Angebote schaffen. Junge Menschen entwickeln in Workshops und einer Zukunftswerkstatt Ideen. Und diese Ideen sollen umgesetzt werden.

Bauhausstadt im Gartenreich – wer von Dessau-Roßlau hört, der knapp 80.000 Einwohner*innen zählenden Stadt in Sachsen-Anhalt, verbindet sie wohl gleich mit ihren kulturellen Angeboten. Doch was vor der eigenen Haustür liegt, ist nicht für jedermann gleich zugänglich. Vor allem für junge Menschen fehlen noch passende Angebote und Zugänge zur Kultur. Daher will die Koordinierungsstelle „Engagierte Stadt“, die vor Ort den gesellschaftlichen Zusammenhalt und ein stärkeres soziales Miteinander fördert, nun gemeinsam mit dem Kulturnetzwerk Dessau-Roßlau von Jugendlichen wissen, wie sie die vorhandenen Kulturangebote nutzen, was sie besonders anspricht und welche Angebote noch entwickelt werden können. Der Fokus soll verstärkt auf dem Stadtteil Roßlau und anderen Außenbezirken liegen, da viele Kulturangebote bisher schwerpunktmäßig im Stadtteil Dessau stattfinden.

Sie wollen kreativ sein und sich ausprobieren. Allerdings wollen sie sich auch nicht sofort binden und in Vereine eintreten. Und Aufpasser müssen auch nicht immer dabei sein.

Kathrin Hinze, Koordinatorin „Engagierte Stadt“ Dessau-Roßlau

Wissen, was Jugendliche wollen

„Wir haben ein sehr vielfältiges Angebot für Kinder bis zur 7. Klasse“, sagt Kathrin Hinze, die das Projekt koordiniert. „Das sind z. B. Workshops der Kurt-Weill-Gesellschaft oder der Stiftung Dessau-Wörlitzer Gartenreich, Angebote in Schulen mit freien Künstlerinnen und Künstlern oder auch die Vereinsarbeit.“ Schwieriger ist es allerdings mit Angeboten für Jugendliche und junge Erwachsene. Ja natürlich, es gibt Vereine, die Sport oder Tanz anbieten, und auch die Stiftung Bauhaus Dessau hat Workshops im Programm. „Insgesamt sind die Angebote aber oft nicht bekannt oder werden nicht angenommen“, sagt Kathrin Hinze, Koordinatorin „Engagierte Stadt“ Dessau-Roßlau. Hier soll die Zukunftswerkstatt weiterhelfen, um besonders jungen Menschen eine Möglichkeit zu geben, ihre Interessen und Wünsche mitzuteilen und um zu erfahren, was ihnen in der Stadt fehlt.

Die Koordinierungsstelle „Engagierte Stadt“ Dessau-Roßlau hat mit Zukunftswerkstätten gute Erfahrungen gemacht, etwa beim Projekt „Zukunftsreise“ für mehr Bürgerbeteiligung. Junge Menschen waren daran allerdings nicht beteiligt. Sie fühlten sich nicht angesprochen. Dafür sind sie jetzt umso mehr gefragt. „Wir wollen wissen, was sie brauchen, welche Ideen sie haben und wie sie sich einbringen wollen“, sagt Projektkoordinatorin Kathrin Hinze. Und sie ahnt, welche Fragen die jungen Teilnehmer*innen stellen werden. „Sie wollen kreativ sein und sich ausprobieren. Allerdings wollen sie sich auch nicht sofort binden und in Vereine eintreten. Und Aufpasser müssen auch nicht immer dabei sein.“

2022 fanden bereits Aktionstage mit und für junge Menschen statt. Es wurde sogar ein gemeinsames Logo und das Motto „CoolTour – Weil Kultur Spaß macht“ von Jugendlichen entwickelt. Beim Mitmachtag im Stadtpark im Sommer wurden zahlreiche kulturelle Angebote unterschiedlicher Akteure sichtbar, z. B. Percussion, Jonglage oder der Auftritt des Junior Jazz Orchesters. Bei einem zweiten Termin im Herbst in Kooperation mit dem Gymnasium Philanthropinum, organisiert von der Kurt-Weill-Gesellschaft und der Koordinierungsstelle „Engagierte Stadt“, haben sich Schüler*innen mit Graffiti, Breakdance oder HipHop beschäftigt und ausprobiert. Diese Schnupperangebote sind die ideale Grundlage für die anstehende Zukunftswerkstatt.  

Den Kulturbegriff unter die Lupe nehmen

Und es wird nicht überraschen, wenn die Zukunftswerkstatt auch den Kulturbegriff unter die Lupe nimmt. Weltkulturerbe hier, Tanz, Musik, Gaming und Graffiti dort. Die Bandbreite der kulturellen Angebote ist groß. Über allem aber steht die Forderung: „Wir brauchen Räume und Anlaufpunkte!“ Die Planungen für den nächsten Workshop sollen im Januar 2023 über das Kulturnetzwerk aufgenommen werden.

Mit kleinen Gruppen hat die Koordinierungsstelle bereits gute Erfahrungen gemacht und zu diesen Themen 2022 gearbeitet. Die kommunale Verwaltung ist an Bord, und eine externe Moderation soll dafür sorgen, dass der offene Werkstattprozess klare Ergebnisse liefert. Alles geht aber erstmal von den Ideen der Jugendlichen aus. Sie geben die Impulse. Aber natürlich bringen auch die Akteure aus der Verwaltung und dem Kulturnetzwerk Vorschläge mit. Dazu gehört z. B. die Idee, dass Kinder und Jugendliche am Nachmittag und am Wochenende kostenlos mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren können. Schon hier sollen finanzielle Hürden gesenkt und Anreize geboten werden, kulturelle Veranstaltungen zu besuchen. Und es könnten Workshops dazugehören, die mit den Kindern und Jugendlichen von Künstler*innen und Pädagog*innen durchgeführt werden. Unterstützt wird die Zukunftswerkstatt auch durch Studierende der Hochschule Anhalt mit ihrem Anlaufpunkt „Café Schillig“. Und: Jugendliche sollen sich zukünftig auch in das neue Kunst- und Kreativzentrum in der Innenstadt einbringen können.

Was man braucht, ist der Wille zur Gestaltung

„Jeder kann an der Zukunftswerkstatt teilnehmen“, sagt Kathrin Hinze. „Wir werben dafür in den sozialen Medien, in Schulen und in Vereinen. Alles, was man braucht, ist der Wille zur Gestaltung.“ Dabei hoffen die Koordinator*innen auch, dass sich die Zukunftswerkstatt rasch unter den 14- bis 27-Jährigen rumspricht. Besonders wichtig: Es sollen nicht nur Jugendliche angesprochen werden, die ohnehin schon einen Draht zur Kultur haben. So sollen auch diejenigen Familien über die Schulsozialarbeit erreicht werden, die bisher noch keinen Zugang zu Kultur haben. „Einbeziehen wollen wir auch das Integrationsbüro mit der Initiative Vielfaltsgestalter und die LAMSA e. V.“, sagt Kathrin Hinze. „Außerdem haben wir ein multikulturelles Zentrum und eine Familienwerkstatt im Zentrum der Stadt.“

Copyright: Bild: Stadt Dessau-Roßlau/Pressestelle
Copyright: Bild: Stadt Dessau-Roßlau/Pressestelle
Copyright: Bild: Stadt Dessau-Roßlau/Pressestelle
Bild: Stadt Dessau-Roßlau/Pressestelle

Ende März, spätestens nach den Osterferien 2023 soll es dann in der Zukunftswerkstatt mit zwei- bis dreistündigen Workshops losgehen. Das Engagement lohnt sich, denn hier können die Jugendlichen mitbestimmen und kulturelle Angebote entwickeln, die ihnen passen. Ideen einbringen können auch alle anderen, z. B. über die Internetseite der Stadt oder über soziale Medien, in denen über die Zukunftswerkstatt berichtet wird. Die Arbeit in den Workshops wird im Sommer 2023 enden.

Die Ergebnisse dieser gemeinsamen Arbeit − vorstellbar ist z. B. auch eine Kulturkarte, die kostenfreien oder günstigen Eintritt ermöglicht − sollen schließlich im dritten Quartal dem Stadtrat, der Verwaltung und der NeuStadtAgentur vorgestellt werden. Mit einer „Kleinen Kunstpromenade“ kann sich dann auch jeder selbst ein Bild davon machen. Und was passiert dann mit den Ergebnissen? „Sie werden umgesetzt“, sagt Kathrin Hinze und lacht. Mit dem Projekt „Kulturelle Teilhabe“ im Jahr 2022 wurden die Voraussetzungen dafür geschaffen, weiter am Thema dranzubleiben und die ersten Erfolge nachhaltig weiterzuentwickeln.

Text: Georgia Rauer

Das Projekt „Kulturelle Teilhabe: Zugänge zur Kultur für und mit jungen Menschen –  Zukunftswerkstatt“ in Dessau-Roßlau ist eines von vier Modellvorhaben im Rahmen von „KulturKarte: Gemeinsam Zugänge für junge Menschen öffnen“ der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ). Es wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen der Jugendstrategie der Bundesregierung – Nationaler Aktionsplan für Kinder- und Jugendbeteiligung.

Fernsehbeitrag über das Projekt „Kulturelle Teilhabe: Zugänge zur Kultur für und mit jungen Menschen –  Zukunftswerkstatt“ in Dessau-Roßlau.

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