„Weil die Zukunft unsere ist!“
Projekt „Magic Future – Selbstorganisiertes Open Air Jugendkulturfestival Unkel 2024“, Bad Honnef tanzt e. V.
Projekt „Magic Future – Selbstorganisiertes Open Air Jugendkulturfestival Unkel 2024“, Bad Honnef tanzt e. V.
Strahlend blauer Himmel, Sonnenschein, Kinder und Jugendliche wohin das Auge blickt, und gleich geht es los: In einer nahen Zukunft wird es mehr Roboter als Menschen, fliegende Autos und weniger Müll geben. Schon im Willkommenstanz ist die ganze Bandbreite an kreativen Zukunftsvisionen dargestellt. Kein Krieg und keine Ausgrenzung, Kinder und Jugendliche wünschen sich eine friedliche Zukunft, die so bunt und vielfältig ist wie sie selbst.
„Ein echter Selbstläufer“, erinnert sich Anna-Lu Masch, Leiterin von „Bad Honnef tanzt“. Sie hat in Zusammenarbeit mit der Stefan-Andres-Realschule plus und dem Verein „Gemeinsam für Vielfalt“ nicht nur ein Festival ins Leben gerufen, das von Jugendlichen komplett eigenständig organisiert wurde, sondern auch ein berufsvorbereitendes Projekt kreiert, das kaum näher am wahren Leben dran sein könnte.
Ein halbes Jahr Vorbereitung liegt hinter den Jugendlichen. Ein halbes Jahr wöchentliche Treffen. Sie arbeiteten zusätzlich in den Osterferien und über Himmelfahrt. Sie organisierten sich in Teams. Es gab ein Songwritingcamp, eine Zukunftswerkstatt und ein Choreografielabor.
Ein großes gemeinsames Ziel hat es möglich gemacht, dass die Kinder und Jugendlichen auf freiwilliger Basis viel Zeit und Arbeit investiert haben – und das teilweise auch im schulischen Kontext. Am 28. und 29. Juni 2024 war es dann so weit: Im Bürgerpark in Unkel fand das erste „Magic Future Festival“ statt. Gratis und für alle zugänglich. Zwei Tage unter dem Motto „Für Demokratie und Frieden“. Die Jugendlichen haben nicht nur die Regie für die Performances übernommen, sondern auch die Verantwortung für die Festivalleitung, die ebenfalls aus Schüler*innen bestand.
Auf dem Gelände des ehemaligen Freibades in Unkel kamen 200 Teilnehmer*innen und 800 Gäste zusammen. Es gab vier Bühnen, die bis Mitternacht bespielt wurden. Der besondere Charme des Ortes wurde durch die kreativsten Installationen verstärkt. Oder, wo ist schon einmal eine Bühne in die vormaligen Duschen eines Freibades gebaut wurden? Hier haben sich die Aktionen mit der Natur verwoben und eine große, auch internationale, Gemeinschaft wurde erlebbar.
Doch alles der Reihe nach. Alles begann 2012, als die Tänzerin und Choreografin Anna-Lu Masch den Verein „Bad Honnef tanzt“ gründete, um kulturelle Vielfalt aufs Land zu bringen. Ein Netzwerk entstand fast wie von selbst, alle waren begeistert, der Bedarf groß und die Schulen dankbar. Mittlerweile sind über 30 Schulen beteiligt und insgesamt über 5.000 junge Menschen haben an den unterschiedlichsten Projekten mitgewirkt.
„Tanz und Musik müssen etwas Selbstverständliches werden, dann hat auch keiner mehr Berührungsängste“, formuliert Anna-Lu ihr Vorhaben. „Ich bin froh darum, was wir bisher erreicht haben. Wir haben Tanz in die Schule und in den regulären Klassenverband gebracht – und damit in den Schulalltag.“ Einige der teilnehmenden Kinder der Realschule plus haben zunächst nur zögerlich bei „Bad Honnef tanzt“ mitgemacht, aber schon nach kurzer Zeit großen Gefallen gefunden. Vor allem die Auftritte waren jedes Mal ein Höhepunkt. „Die Begeisterung sprang über und so war die Motivation für ein weiteres Projekt kein Problem“, erklärt Sylvia Gruber, didaktische Koordinatorin der Stefan-Andres-Realschule plus.
Kulturelle Teilhabe kann aber noch viel mehr sein als am Ende eines Projekts mit den Ergebnissen auf der Bühne zu stehen. Und so entstand eher ungeplant und fast ein bisschen nebenbei die Idee zum Festival. Bühnentechnik, Organisation und natürlich die Kunst – alles, was Berufsperspektive gibt, wurde im Festivalkontext genutzt, um über den Tellerrand zu schauen. Der sogenannte FREI DAY wurde dafür als Projekttag etabliert. An diesem unterrichtsfreien Tag haben sich die Schüler*innen mit Zukunftsfragen befasst und innovative und konkrete Lösungen entwickelt, um Projekte umzusetzen. Die Kinder und Jugendlichen teilten sich selbstständig in Arbeitsgruppen ein und ordneten sich Themen zu.
Die Future Maker, beispielsweise, haben sich um die Organisation gekümmert, E-Mails geschrieben und Erlaubnisse eingeholt. Sie planten, wann beispielsweise Plakate gedruckt werden müssen, um sie rechtzeitig aufzuhängen, und wer welche Deadline bekommt.
Aber nicht nur die Kids aus der Stefan-Andres-Realschule plus haben sich richtig reingehangen, schließlich geht Zukunft nur gemeinsam. Viele weitere junge Menschen zwischen 4 und 24 Jahren aus unterschiedlichen Schulen sowie Bewohner*innen der Containerunterkunft für geflüchtete Menschen, die auf dem Festivalgelände steht, haben am Projekt teilgenommen.
„Magie und Zukunft sind deswegen unsere Themen, weil die Zukunft unsere ist, und wir versuchen, die Zukunft am besten zu gestalten. So können wir zeigen, was in uns steckt“, sagt Mimi aus dem Future Maker-Team. „Und Magie, weil wir unsere Kreativität ausleben und selber Sachen machen und präsentieren können.“
Für die Kostüme waren die Future Designer zuständig. Sie haben teilweise aus recycelten Materialien etwas Einzigartiges geschaffen. Dafür haben sie Unternehmen und Firmen aus dem Umkreis angefragt, wer etwas übrig hat. Auch Bühnen, Stelzen, eine Bar und verschiedene Objekte kamen aus ihren Reihen. In den Skatepark wurde eine Bühne gebaut.
Die Future Techniker haben sich um die Technik gekümmert: Licht, Ton, Strom, Videos, Sound – eben alles, was Technik ist. Um Songs zu generieren, haben sie sogar Künstliche Intelligenz genutzt. Und ganz wichtig, die Future Performer und Choreograf*innen, die aufgetreten sind und sich die Stücke selbst ausgedacht haben.
Es entstand ein Raum für Inspiration, in dem für alle Platz ist und Verantwortung füreinander übernommen wurde. „Jeder hat andere Qualitäten und Kenntnisse. Beim Festival konnten die Kinder genau das lernen und sich gegenseitig ergänzen“, sagt Anna-Lu Masch. Es sei etwas Besonderes, dass so viele junge Menschen mit unterschiedlichen Herkunftsgeschichten und unterschiedlichen Alters gemeinsam eine Idee ihrer Zukunft kreieren, die so vielfältig ist.
Ein Festival der Träume sollte es werden, bei dem alle Kinder und Jugendlichen eine Stimme haben. Und genau das hat diese große Kooperation zwischen den Vereinen und der Schule – und natürlich mit den jungen Menschen geschafft. Gemeinsam ist vieles möglich. Es gab Tanz, Musik, Akrobatik, Licht- und Videoshows, Kunst, Party, Essen und Trinken.
Der Park wurde mit Graffiti geschmückt, in den Bäumen gab es zahlreiche Lichtinstallationen, die bei Nacht das Gelände in eine magische Welt tauchten. Über sogenannte Silent-Kopfhörer konnten die Gäste Klangcollagen lauschen oder zu eines der vielen Konzerte gehen. Akrobatik gab es in Bäumen und immer wieder liefen junge Menschen auf Stelzen durch den Park.
„Alle konnten ihre eigenen Ideen einbringen und entwickeln. Wir haben sie nur dabei unterstützt“, sagt Anna-Lu Masch zum Abschluss und strahlt: „Es war wunderbar jenseits aller Stundenpläne gemeinsam arbeiten können.“ Alle gemeinsam haben sie einen Ort zum Aufhalten geschaffen, der noch weiter bestehen wird und so auch nachhaltig für viele Menschen aus der Umgebung ein ganz besonderer Treffpunkt bleibt. Diese Generation ist die Zukunft und sie haben die Möglichkeit bekommen, sie in eine „Magic Future“ zu verwandeln.
Von Helen Arnold
Mit „Magic Future“ wurde ein außergewöhnliches Projekt realisiert. Über ein halbes Jahr arbeiteten 50 Schüler*innen der 9. Klasse der Stephan-Andreas-Realschule plus in Unkel gemeinsam mit Künstler*innen und anderen Kindern an einem zweitägigen Kulturfestival im Bürgerpark Unkel.
Das Projekt zeichnet sich durch Vielseitigkeit aus: Die Jugendlichen übernahmen Aufgaben in der Festivalplanung, kümmerten sich um Technik, Design und das Programm mit Performances, Musik, Akrobatik und mehr. Ein hoher Grad an Partizipation prägte das gesamte Projekt: Die Jugendlichen entwickelten Ideen und setzten sie mit passender Unterstützung um. Besonders hervorzuheben ist der inklusive und generationsübergreifende Ansatz. Die Jugendlichen wurden zu Teamleiter*innen und erarbeiteten mit jüngeren Kindern und Künstler*innen Programmpunkte und auch Geflüchtete aus der nahegelegenen Unterkunft konnten sich aktiv beteiligen. Das Festival war geprägt von dem Wunsch, möglichst vielen Menschen die Teilnahme zu ermöglichen und deshalb wurde auf barrierearme Strukturen Rücksicht genommen.
Der Name „Magic Future“ entstand aus dem Wunsch, den Begriff Zukunft positiv zu besetzen. Das Projekt hat nicht nur den Jugendlichen ermöglicht, aktiv an ihrer eigenen Zukunft zu arbeiten, sondern auch die Zukunft vieler Beteiligter und des Ortes bereichert, indem etwas geschaffen wurde, das über das Festival hinauswirkt.
Projektwebsite | https://badhonneftanzt.de/ |
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Projektträger | |
Kooperationspartner | Bad Honnef tanzt e. V. |