Öffnung einer Jugendkunstschule – mit Abstand aber ohne Distanz
Aber Hallo e. V., Alsdorf
Aber Hallo e. V., Alsdorf
von Alexander Müller-Hermes
Alexander Müller-Hermes ist Geschäftsführer von Aber Hallo e. V. Der Sozial- und Zirkuspädagoge leitet die Jugendkunstschule und das Jugendzentrum des Vereins aus Alsdorf und Baesweiler bei Aachen.
Foto: Aber Hallo e. V.
Unsere Jugendkunstschule am Standort Alsdorf führt seit dem 9. Mai 2020 wieder Workshops und Kurse in den eigenen Räumen durch.
Es ist einfach nur wunderbar, wieder Kinder und Jugendliche bei uns zu haben. Langsam aber sicher kehrt damit ein Stück Alltag zurück und wir sehen, wie wichtig das für die jungen Menschen ist.
Alexander Müller-Hermes, Geschäftsführer von Aber Hallo e. V.
Seit dem Beginn der Krise haben wir nach verantwortlichen Wegen gesucht, um möglichst bald wieder mit einem Angebot präsent zu sein. Unser Einzugsgebiet geht bis in den Kreis Heinsberg hinein. Dort haben Kinder teilweise seit Februar keine Schule, Kita oder Freunde besucht. Familien waren in der Bewältigung des Alltags in dieser Situation auf sich alleine gestellt. Die Folgen und Gefahren dieser Situation sind bekannt.
In Abstimmung mit dem Jugendamt der Stadt Alsdorf, dem wir am 8. Mai unser Hygiene- und Abstandskonzept vorgestellt haben, konnten wir unsere Türen recht schnell wieder öffnen, als in NRW die Verordnung in Kraft trat, die Jugendkunstschulen unter Auflagen eine Öffnung erlaubt. Da wir, unabhängig von der neuen Verordnung, geplant hatten, beim Gesundheitsamt eine Sondergenehmigung für Teile unseres Betriebes einzuholen, hatten wir unser Abstands- und Hygienekonzept bereits vorbereitet.
Im Wesentlichen besteht unser Konzept aus der Reduzierung der Teilnehmerzahlen je Gruppe und einem System für einen geregelten Zu- und Ausgang in den Räumen. So können wir sicherstellen, dass wir die vorgeschriebenen fünf Quadratmeter pro Person und damit die nötigen Abstände einhalten können. Jede*r Besucher*in wäscht sich unmittelbar nach Betreten der Einrichtung gründlich die Hände. Auf Desinfektionsmittel bei Kindern verzichten wir. Teilnehmer*innen und Dozent*innen sind durch transparente Schilde geschützt, bei denen die Gesichter sichtbar bleiben.
Eine der wichtigsten Maßnahmen ist eine permanente gute Durchlüftung der Räume. Ein übersichtliches und für Kinder ansprechendes System von Emblemen führt durch die Einrichtung und veranschaulicht die notwendigen Maßnahmen. Zusätzlich sprechen wir mit den Kindern und Jugendlichen über die Maßnahmen, aber auch insgesamt über die ganze Situation. Insbesondere Kinder brauchen immer wieder Erinnerung und Anleitung, etwa beim Händewaschen. Gestartet sind wir mit Teilen unseres Angebotes zunächst nur in der Werkstatt in Alsdorf. Der ausreichende Platz in den Räumen hat die Umsetzung hier erleichtert. Aber auch in unserer Werkstatt in Baesweiler führen wir seit dem 18. Mai wieder Kurse mit maximal vier Kindern durch. Auch hier haben wir den Öffnungsprozess mit der Stadt abgestimmt.
Zunächst haben wir mit den Kursen und Workshops begonnen, bei denen die Arbeit vorwiegend an einem Arbeitsplatz und in Einzelarbeit stattfinden kann. Jedem Platz werden grundlegende Materialien, so weit es eben geht, zugeordnet. So reduzieren wir Bewegung und nahen Kontakt unter den Personen im Raum. Zwischen den Kursen reinigen wir die Arbeitsgeräte, die anschließend direkt wieder zum Einsatz kommen müssen. Sofern aber zwischen Kursen ein ganzer Tag liegt, werden die Geräte offen an der Luft liegen gelassen, das Virus hält sich auf trockenen Oberflächen höchstens acht Stunden.
Ab dem 27. Mai 2020 nehmen wir auch das Zirkustraining wieder auf. Hier müssen wir zehn Quadratmeter pro Teilnehmer*in und kontaktloses Training sicherstellen. Zunächst starten wir hier mit den Kindern und Jugendlichen ab elf Jahren aufwärts, da ein kontaktloses Arbeiten mit den kleineren Kindern ungleich schwieriger ist.
Zusätzlich haben wir unmittelbar seit Inkrafttreten der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie eine Online-Kreativ-Werkstatt eingerichtet. Kinder, Jugendliche, Schulen und Kitas nutzen das Angebot mit zahlreichen Tutorials für das Arbeiten zu Hause oder in der Notbetreuung. Unsere Ganztagsangebote führen wir in Teilen und soweit möglich online durch. Generell führt die Umsetzung der beschriebenen Maßnahmen zu großen Ausfällen bei den Teilnehmerbeiträgen. Eine für uns und insbesondere für unsere freiberuflichen Dozent*innen schwierige Situation.
In einigen Fällen – zum Beispiel im Ganztag – konnten wir Ausfallhonorare verhandeln. Zusätzlich haben wir seitens des Landesjugendamts Billigkeitsleistungen zur Kompensation von Zahlungsverpflichtungen beantragt und auch bewilligt bekommen. Kommunen und Land haben ihre Förderungen für das laufende Jahr bewilligt. So können wir den Betrieb in diesem Jahr sicherstellen. Für unsere Sommerferienateliers haben wir ein „Solimodell“ eingeführt: Familien mit Zahlungsschwierigkeiten zahlen das, was sie können, während zahlungskräftige Familien mehr zahlen können, um so zu unterstützen.
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Der Bundesverband der Jugendkunstschulen und Kulturpädagogischen Einrichtungen (BJKE) vertritt die Jugendkunstschulen und Kulturpädagogischen Einrichtungen in Deutschland. Mitglied sind die Landesverbände und -vertretungen von Jugendkunstschulen in allen Bundesländern. Bundesweit fördert er den Auf- und Ausbau einer lebendigen kunst- und kulturpädagogischen Einrichtungslandschaft, ist Ansprechpartner von Initiativen, Fachverbänden, Einrichtungen sowie Kommunen und Ministerien und bietet Tagungen, Workshops und Konzeptberatung. Der bjke ist Träger von Modellprojekten sowie des Bundeswettbewerbs „Rauskommen! Der Jugendkunstschuleffekt“ und Herausgeber des Magazins „infodienst für Kulturelle Bildung“ sowie Mitinitiator des Europäischen Netzwerks „art4all“ für Jugendkunstschulen und deren Verbände.
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