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Kulturelle Bildung in Kommunen – Warum das kommunale Bildungsmanagement neue Wege gehen muss
Interview

Kulturelle Bildung in Kommunen – Warum das kommunale Bildungsmanagement neue Wege gehen muss

Im Gespräch mit Dr. André Förster, Koordinierungsstelle Bildungsmonitoring (KOSMO), Trier

veröffentlicht:

Datenbasiertes kommunales Bildungsmanagement (DKBM) steht bereits auf einem soliden Fundament und kann sich an etablierten Standards orientieren. Was DKBM genau bedeutet und warum Schnittstellen in Verwaltungen sowie Indikatoren so wichtig sind für mehr Sichtbarkeit der Kulturellen Bildung.

Dr. André Förster ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Koordinierungsstelle Bildungsmonitoring (KOSMO) am Standort Trier. Hier fokussiert er sich aktuell auf die Bereiche Datenmanagement und das Monitoring der Politischen und Kulturellen Bildung.

Wie ist die Koordinierungsstelle Bildungsmonitoring (KOSMO) entstanden?

Die KOSMO gibt es seit 2019. Sie ist ein Gemeinschaftsprojekt der beiden Transferagenturen Brandenburg sowie Rheinland-Pfalz – Saarland. Die Transferagenturen sowie die KOSMO sind Teil der Transferinitiative Kommunales Bildungsmanagement des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Die Idee war, eine bundesweite Plattform aufzubauen, die sich strukturiert mit kommunalem Bildungsmonitoring zur datenbasierten Weiterentwicklung von kommunalen Bildungslandschaften beschäftigt. Das umfasst eigentlich alles, was mit Datenerhebung, -analyse und -management zu tun hat. Auch die regional tätigen Transferagenturen beraten und qualifizieren Kommunen zum Bildungsmonitoring. Mit der KOSMO haben wir jedoch das Thema auf Bundesebene gebündelt und machen das Wissen der begleitenden Transferagenturen, der Forschung und der Statistik sichtbar und zugänglich für alle Kommunen. Wir vernetzen Akteure aus Wissenschaft und kommunaler Praxis und bieten unter anderem Veranstaltungen für den Austausch an. Außerdem geht es um die inhaltliche und methodische Weiterentwicklung, die wir zum Beispiel mit verschiedenen Publikationen unterstützen.

Kommunen sollten nicht darauf warten, bis sich verfügbare Datengrundlagen verbessern, sondern eigene innovative Strategien entwickeln, wie sie selbst Daten erheben können.

Dr. André Förster

Was bedeutet in diesem Zusammenhang „datenbasiertes kommunales Bildungsmanagement (DKBM)“?

DKBM ist zunächst eine strukturierte Beschäftigung mit der kommunalen Bildungslandschaft. Das heißt, das Bildungsmanagement bringt Institutionen und Personen in eine strukturierte Abstimmung darüber, welchen Herausforderungen der kommunalen Bildungslandschaft wie begegnet werden soll. Es entwickelt Steuerungs- und Netzwerkstrukturen, in denen verschiedene Perspektiven berücksichtigt werden, von der Verwaltungs-, über die bildungspolitische Ebene bis zur Zivilgesellschaft. Betrachtet wird zum Beispiel, welche Angebote und Akteure es gibt. Neben der formalen Bildung an Schulen sind auch non-formale Bildung und informelles Lernen relevant. Non-formale Bildungsformate findet man zum Beispiel in Volkshochschulen und informelles Lernen in Jugendtreffs. Ziel kann die Verbesserung oder die effiziente Gestaltung von Bildungsangeboten sein, bei einem gezielten Einsatz der vorhandenen Ressourcen. Dafür können Angebote koordiniert und vernetzt werden.

Was umfasst das Bildungsmonitoring und wie läuft der Prozess ab?

Das Bildungsmonitoring ist ein wichtiger Baustein des DKBM, denn es bietet die Datenbasis. Es liefert die faktische Grundlage für Entscheidungen in der Kommune. Umgekehrt geben strategische Überlegungen in einer Kommune die Richtung vor, worüber Daten informieren sollen. Es besteht folglich eine Wechselbeziehung zwischen dem, was eine Kommune erreichen will, und welche Datensammlung dazu benötigt wird. Das Bildungsmonitoring umfasst alle Aspekte, die bei einer Datenanalyse relevant werden. An erster Stelle sollte die strategische Entscheidung stehen: Mit welchem Erkenntnisinteresse sollen Daten betrachtet werden? Im Fokus dieser inhaltlichen Fragestellungen können zum Beispiel Formate in der Schule, frühkindliche Bildung, non-formale Angebote oder auch nur Teilbereiche stehen. Außerdem betrachtet man die Kooperationsstrukturen: Welche Akteure arbeiten zusammen? Und nicht zu vergessen ist die Entscheidung für Methoden – von einer einfachen Überblicksdarstellung oder einer statistischen Auszählung bis hin zu sehr komplexen Verfahren. Basierend hierauf klärt man, welche Daten genutzt oder erhoben werden müssen und wie diese dokumentiert werden.

Welche Rolle spielt Kulturelle Bildung bisher im kommunalen Bildungsmonitoring?

In vielen Fällen ist die kommunale Bildungsdatenbank bildungsmonitoring.de die erste Anlaufstelle auf der Suche nach Datenquellen. Doch dieses Angebot des Statistischen Bundesamts und der Landesämter bildet Informationen zur Kulturellen Bildung nur sehr rudimentär ab. Weiterhelfen können verschiedene andere Handreichungen im Rahmen der Transferinitiative wie der Anwendungsleitfaden für den Aufbau eines kommunalen Bildungsmonitorings. Er hält Standardindikatoren bereit, enthält erste Ansatzpunkte und listet Datenquellen auf, die theoretisch auch im kommunalen Bereich genutzt werden können, zum Beispiel Informationen der Volkshochschulstatistik und der Kinder- und Jugendhilfestatistik. Allerdings muss zwischen der Gestaltung Kultureller Bildung im Allgemeinen und im Bildungsmonitoring unterschieden werden. Wenn sich Kommunen viel mit Angeboten und ihrer Koordination beschäftigen, spiegelt sich das noch nicht unbedingt in ihrer Berichterstattung wider.

Woran liegt das?

Zum einen sind die Konzepte zur Operationalisierung Kultureller Bildung auf Grundlage verfügbarer Datenbestände auch auf nationaler Ebene noch nicht richtig durchgedrungen. Zwar gibt es erste Ansätze wie das InKuBi-Projekt, das sich mit Indikatoren in der Kulturellen Bildung und vorhandenen Datenquellen befasst. Es fehlt aber ein konzeptionell fundiertes Set möglicher Indikatoren zur Orientierung für Kommunen. Neben dieser Leerstelle haben wir aber auch Lücken in den Datenbeständen selbst. Es gibt viele Bildungsdaten, die das Thema Kultur nicht abgreifen, und umgekehrt viele Kulturdaten, die nicht explizit Bildungsthemen abdecken. Vor Ort in den Kommunen hat das Kulturamt oder – wenn vorhanden – die Stelle für Kulturelle Bildung oft keine Verbindung zum kommunalen Bildungsmonitoring.

Wie gehen Sie mit dieser schwierigen Ausgangslage um?

Die neue BMBF-Förderrichtlinie „Bildungskommunen“ ermöglicht Kommunen, unter anderem den Themenschwerpunkt Kulturelle Bildung für die Weiterentwicklung ihrer Bildungslandschaft auszuwählen. Deshalb befassen auch wir uns aus der Perspektive des Bildungsmonitorings seit zwei Jahren intensiv damit. Wir sind gezielt in den Austausch mit erfahrenen Kommunen gegangen und haben sie in eine Themenwerkstatt mit Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft eingebunden. Das Bewusstsein für die Datenlücken ist da. Aktuell beschäftigen wir uns daher mit der Frage nach empfehlenswerten Strategien und bündeln die Ergebnisse, die wir auf einer eigenen Themenseite präsentieren werden. Dort werden wir relevante Ansatzpunkte für Kommunen und mögliche Datenquellen aufzeigen, die eine gute Einschätzung der kulturellen Bildung vor Ort ermöglichen.

Wie kann die Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ) hier unterstützen?

Sehr geholfen hat uns die Seminar-Reihe „PlusPunkt KuBi“ der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung, die das weite Feld absteckt und Schnittstellen zu Kommunen aufzeigt. Die BKJ bietet auch Fortbildungen und Workshops und stellt viele Praxisbeispiele vor. Viele Präsentationen und Materialien aus der Reihe werden sich auch auf unserer Themenseite wiederfinden.

Was kann den Fokus auf Kulturelle Bildung zukünftig stärken?

Die Datenlage auf nationaler Ebene muss sich verbessern. Doch darauf sollten Kommunen nicht warten. Es braucht innovative eigene Strategien, wie sie selbst Daten erheben können. Ein möglicher Start ist die Frage, welche institutionellen Akteure es vor Ort gibt und in welcher Beziehung sie zueinander stehen. Welche Angebote und Netzwerke sollen unterstützt werden? Darauf kann dann eine anspruchsvollere Datenanalyse aufbauen, für die Verantwortliche befragt werden. Wichtig ist, das Ziel zu definieren. Kommunen sollten sich klarmachen: Was möchte ich wissen und welche Daten muss ich dafür selbst erheben?

Das Bildungsmonitoring muss sich innerhalb der sich verändernden Rahmenbedingungen weiterentwickeln. Die jüngsten Krisen zeigen: Es ist wichtig, flexibler reagieren zu können.

Dr. André Förster

Wie kann man den Herausforderungen auf kommunaler Ebene begegnen?

Viele Kommunen haben bereits ein Leitbild für Kulturelle Bildung, dieses ist allerdings nur sehr selten mit ihrem Bildungsbüro bzw. dem Bildungsmonitoring abgestimmt. Doch auch Kommunen ohne Leitbild, die das Thema Kulturelle Bildung setzen, sollten abstimmen, wie sie kulturelle Bildungsangebote gestalten wollen und wer von ihnen in welcher Weise profitieren soll. Daran schließen sich Fragen an wie: Was müssen wir wissen, um das hinzubekommen? Gibt es schon Infos und Daten, oder sollten wir sie selbst erheben? Das Monitoring bezieht sich bislang oft nur auf Daten, die bereits da sind, wie die Buchungsstatistik für Volkshochschulkurse. Daten werden also erhoben, doch man fragt sich nicht: Was bedeutet das jetzt, wie steht alles in Verbindung? So gibt es zwar eine Berichterstattung über Schulangebote, aber dort nicht zur Kulturellen Bildung. Bestehende Datenlücken sollte die Kommune im Sinne der eigenen Beschäftigung mit dem Thema und der damit verbundenen Ziele schließen. Ein solches Ziel kann zum Beispiel die Beantwortung der Frage sein, welche Angebote der kulturellen Bildung von welchen Altersgruppen besonders nachgefragt werden, um so Lücken in der Angebotsstruktur zu identifizieren.

Wie sieht ihr allgemeiner Ausblick für das kommunale Bildungsmonitoring aus?

Das Bildungsmonitoring muss sich innerhalb der sich verändernden Rahmenbedingungen weiterentwickeln. Die jüngsten Krisen zeigen: Es ist wichtig, flexibler reagieren zu können. Kommunale Fach- und Führungskräfte brauchen eine schnell verfügbare Datengrundlage, auf die sie sich berufen können, um auf akute Herausforderungen zu reagieren. Außerdem bringt die Digitalisierung interaktive Möglichkeiten mit sich, um Bildungsdaten automatisiert abzurufen und bereitzustellen. Für diese Aufgaben braucht es auch weiterhin eine Vernetzung aller Beteiligten sowie zwischen der kommunalen Praxis und der Bildungswissenschaft.