Kultur auf weiter Flur? Von wegen!
Wunschkonzerte und andere Passionen
Wunschkonzerte und andere Passionen
„What story does this photo tell you?“ – beginnt Masixole Ncevu die Fotowerkstatt, die gleichzeitig auch eine Englischwerkstatt ist. Der afrikanische Künstler projiziert eine Fotografie an die Wand, auf dem zwei Mädchen in blau-weißer Uniform zu sehen sind. Die afrikanischen christlichen Kirchen verschleiern mit der Uniform Unterschiede zwischen Arm und Reich. In seinen Arbeiten beschäftigt sich Masixole Ncevu vor allem mit jenen religiösen, kulturellen und politischen Identitäten. Lassen sich die Schüler*innen der 12a vom Gymnasium Klingenthal dafür sensibilisieren? Nach einer einführenden Theoriephase werden die Jugendlichen auf eine Bilderreise in Zwickau gehen – mit ihrem Smartphone oder der digitalen Spiegelreflexkamera.
Als wichtige Motivationen gelten einerseits die Ermunterung und Sensibilisierung von Kulturpartnern, mit neuen Ideen und qualifizierten Angeboten auf Schulen zuzugehen. Anderseits spornte die Initiator*innen an, den Schulalltag durch zusätzliche Angebote mit kulturell-bildenden Angeboten zu bereichern.*
Kulturraum Vogtland-Zwickau/Erzgebirge-Mittelsachen: kulturpass’t! Dokumentation 2021
Die Fotowerkstatt ist eine von knapp 90 Angeboten von kulturpass’t! für Schulklassen in den Kulturräumen Vogtland-Zwickau und Erzgebirge-Mittelsachsen, initiiert und koordiniert von zwei jeweils dort verorteten Netzwerkstellen Kulturelle Bildung. Bei dem Programm können Kinder und Jugendliche unterschiedlicher Schulformen und Jahrgangsstufen (von 1 bis 12 plus Berufsschule) Kulturakteur*innen der Region kennenlernen und mit ihnen Kunst und Kultur erleben. Neben Künstler*innen und Kulturschaffenden wie Illustrator*innen, Keramiker*innen oder Autor*innen zählen auch Kultureinrichtungen wie das Puppentheater Zwickau, das Museum Burg Schönfels oder der Verein für Medienbildung Sachsen zu den Kooperationspartnern des Programms.
Aus dem Katalog der Angebote mit Kategorien wie „Bildende Kunst“, „Darstellende Kunst“, „Kunsthandwerk und Traditionen“, „Literatur und Schreiben“, „Medien und Management“ oder „Musik“ können Lehrer*innen gemeinsam mit ihrer Schulklasse zu den Förderschwerpunkten Selbst-, Sozial-, oder Methodenkompetenzen drei Kategorien pro Schuljahr auswählen.
Grundsatz der vierstündigen Angebote ist es, dass die Kinder und Jugendlichen aktiv an der Durchführung beteiligt sind – rein rezeptive Angebote gibt es nicht. kulturpass’t! setzt außerdem auf das Engagement beider Kooperationspartner: Die Kultureinrichtungen und -akteur*innen konzipieren alle zwei Jahre neue Angebote für die Kinder und Jugendlichen; die Schulen wählen gezielt aus dem Programm für das Schuljahr aus.
Die Teilnahme an kulturpass’t! ist kostenfrei, ebenso werden – zur Sicherung der Mobilität in dieser ländlichen Region – die Fahrtkosten erstattet, für die Schulklasse oder für die Kulturakteur*innen, je nach Veranstaltungsort. Am Ende des Schuljahrs bekommen die Kinder und Jugendlichen ihren persönlichen Kulturpass von den Netzwerkstellen ausgehändigt, der ihre Teilnahme an den Angeboten sowie erworbene Kompetenzen dokumentiert.
Vorausgegangen ist dem Programm eine dreijährige, wissenschaftlich begleitete Modellphase (2017 bis 2020). Ausgangspunkt war das im Koalitionsvertrag „Sachsens Zukunft gestalten“ aus dem Jahr 2014 formulierte Ziel, Kultureinrichtungen zu Lehr- und Lernorten durch Kooperationen mit Kindertagesstätten und Schulen zu machen und die Mobilität im ländlichen Raum zu kulturellen Angeboten zu erleichtern. Dieses Vorhaben hat die Kulturvielfalt und den Aktionsradius der Kinder und Jugendlichen deutlich erweitert: Mit kulturpass’t! sind die zwei Kulturräume Erzgebirge-Mittelsachsen und Vogtland-Zwickau zu einem großen Aktionsfeld kultureller Bildung zusammengewachsen.
Eine Analyse von Kulturkartenmodellen in Deutschland nimmt Viola Kelb im Auftrag der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ) (2022) vor.