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Internationalisierung als Triebkraft für die Verbandsentwicklung
Interview

Internationalisierung als Triebkraft für die Verbandsentwicklung

Im Gespräch mit Susanne Rehm (Geschäftsführerin der LKJ Baden-Württemberg), Astrid Weber (Coach* und Supervisorin) und Johanna Kraft (Bildungsreferentin FSJ Kultur)

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Die LKJ Baden-Württemberg lässt sich im Rahmen der Initiative Welt-Öffner seit 2020 professionell coachen, um internationaler zu werden. Im Interview ziehen die Beteiligten ein erstes Fazit.

Susanne Rehm ist seit sechs Jahren Geschäftsführerin der Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung (LKJ) Baden-Württemberg.

Johanna Kraft ist seit Juni 2020 Bildungsreferentin im Bereich FSJ Kultur bei der LKJ Baden-Württemberg.

Astrid Weber ist Diplom-Pädagogin, systemische Beraterin und Supervisorin. Sie coacht im Rahmen der Initiative Welt-Öffner die LKJ Baden-Württemberg und die Bundesarbeitsgemeinschaft Spiel und Theater.

Im Herbst 2019 hat die LKJ Baden-Württemberg ihr Interesse bekundet, an der Initiative Welt-Öffner teilzunehmen. Was haben Sie sich damals vorgenommen? Sind die Ziele und Vorstellungen die gleichen geblieben oder haben sie sich im Verlauf des Coaching-Prozesses verändert?

Susanne Rehm: Wir leben in einer Welt, die von globalen Entwicklungen geprägt ist, von denen wir uns hier in Baden-Württemberg nicht losgelöst sehen können.

Wenn wir also unsere Verantwortung, junge Menschen auf das Leben in der Welt vorzubereiten, ernst nehmen, dann müssen wir diese Ebene des Internationalen mitdenken und mit den Methoden der Kulturellen Bildung entsprechende Angebote kreieren. Dieser Prozess beginnt bei unserer Organisation.

Susanne Rehm

Wir müssen uns erst selbst klar darüber werden, was Internationalisierung bedeuten soll und welche Inhalte, welche Themen damit verknüpft sind. Im Bereich FSJ Kultur haben wir uns vorgenommen denjenigen eine Orientierung zu bieten, die uns aus dem Ausland Bewerbungen für einen Freiwilligendienst in Deutschland zusenden. Außerdem haben wir uns das Ziel gesetzt, die Einsatzstellen, wo dieser Freiwilligendienst stattfindet, intensiv zu begleiten. Neben der Betreuung des internationalen Freiwilligendienstes wollten wir bei unserer medienpädagogischen Arbeit internationale Austauschprojekte entwickeln und umsetzen. Obwohl wir da anfangs ein bisschen skeptisch waren, würde ich sagen, dass wir bereits Erfolge erzielen konnten.

Frau Weber, wie viele Coaching-Termine haben bislang stattgefunden? Und wie sehen Sie die Entwicklung aus Ihrer Perspektive als Coach*?

Astrid Weber: Wir hatten kürzlich unser fünftes Coaching online. Angefangen haben wir im ersten Lockdown und seither pendeln wir zwischen physischen und Online-Treffen. Da möglichst viele Mitarbeiter*innen aus der Geschäftsstelle der LKJ am Coaching teilnehmen sollten, coache ich eine relativ große Gruppe von zehn Teilnehmer*innen. Gerade in der Zusammenarbeit mit vielen Menschen und beim wechselseitigen Austausch entstehen eigene Dynamiken, durch die Projektpläne wie die Interessensbekundung immer mehr in den Hintergrund treten.  

Frau Kraft, wie war es, in diesen Prozess einzusteigen? Welchen konkreten Aufgaben gingen Sie zwischen den Coachings nach?

Johanna Kraft: Beim ersten Treffen für das gesamte LKJ-Team konnten alle Interessierten teilnehmen. Das waren Personen aus ganz verschiedenen Bereichen, die sehr unterschiedliche Erfahrungen hatten und sich erstmal über ihre unterschiedlichen Expertisen austauschten. Nach diesem Kennenlernen haben wir verschiedene Gruppen gebildet, die zu einzelnen Internationalisierungsthemen recherchierten. Im Anschluss fand erneut ein Austausch statt, bei dem wir die Ergebnisse zusammenführten. So konnten sich die verschiedenen Bereiche mit ihren jeweiligen Expertisen einbringen. In den weiteren Weltöffner-Treffen verstetigte sich dieser Austausch.

Frau Rehm, wie ist es für Sie als Geschäftsführerin: Kostet es viel Überwindung, ihren Mitarbeiter*innen Zeit für solche zusätzlichen Aufgaben einzuräumen?

Susanne Rehm: Nein, wir haben in der LKJ das Verständnis, dass unser Wirkungspotenzial sich aus der Summe unserer Kompetenzen und Stärken, aber eben auch aus den Interessen unserer Mitarbeitenden ergibt. Aus diesem Grund wollten wir es allen Interessierten aus dem Team ermöglichen, an diesem Coaching-Prozess teilzunehmen. Um welche Projekte es sich auch handeln mag, sie sollten immer von Menschen umgesetzt werden, die neugierig sind und Neues ausprobieren möchten. Es ist ja nicht so, dass wir uns langweilen würden. Schreibtische sind ja immer voll und die Dinge, die keine Priorität haben, bleiben gerne mal liegen. Durch das Coaching erlangen die Aufgaben rund um das internationale Arbeiten eine andere Dringlichkeit und werden eher vorangetrieben. Wenn wir internationale Freiwilligendienste und Austauschprojekte wirklich als zukünftiges Arbeitsfeld etablieren wollen, brauchen wir dafür ohnehin Personalressourcen.

Waren im Prozess des Coachings bei Mitarbeiter*innen Hemmungen und Unsicherheiten spürbar, künftig z. B. an internationalen Begegnungen teilzunehmen?

Astrid Weber: Meine Wahrnehmung war eher, dass die Digitalisierung und die Pandemie neue Möglichkeiten geschaffen haben. Es gehört inzwischen ja zur Normalität, dass ein digitaler Austausch stattfindet.

In der Corona-Zeit ist ein neuer Lernraum entstanden, den ich so vorher nicht kannte. Früher haftete der internationalen Jugendarbeit ein Hauch von Abenteuer an. Die neu entstandenen Formate funktionieren aber wahnsinnig gut und lösen eine ähnliche Begeisterung aus wie das Reisen.

Astrid Weber

Auch auf digitalen Wegen warten ganz besondere Erlebnisse und Erfahrungen, und diese neue Erkenntnis spricht sich herum.

Beeinflusst es das Gesamtgefüge einer Organisation, wenn sie an ihrer Internationalisierung arbeitet? Stößt dieser Prozess einen internen Entwicklungsprozess an?

Johanna Kraft: 2021 hatten wir in der LKJ einen Freiwilligen aus Tansania.

Die Organisation verändert sich allein schon, wenn jemand darin arbeitet, mit dem man sich auf Englisch unterhalten muss. Natürlich bestehen Ängste im Team, aber wenn wir lernen, mit ihnen umzugehen, führt das zu einer neuen Offenheit.

Johanna Kraft

Susanne Rehm: Wir sind uns über einzelne Themen bewusster geworden. Was meinen wir mit Internationalisierung? Was meinen wir mit interkulturellem Arbeiten? Wie sprechen wir über inklusives Arbeiten oder Diversität? Auf diesem ganzen Themenfeld ist unabhängig von den einzelnen Projekten eine Entwicklung in Gang gekommen, die perspektivisch auch unsere ganze Organisation betrifft. Wenn uns das Thema „Incoming“ beschäftigt, also Freiwillige, die aus dem Ausland kommen, dann müssen wir auch darüber nachdenken, wie wir bestimmte Stellenprofile gestalten, um Personen zu finden, die eine bestimmte Sensibilität für Diversität, Interkulturalität und Internationalität haben. Denn wir benötigen solche Mitarbeiter*innen, um mit internationalen Organisationen aus Partnerländern ins Gespräch zu kommen.

Inwiefern hat das Coaching geholfen, konzeptionelle Klarheit darüber zu erlangen, was im Rahmen der Möglichkeiten umsetzbar ist?

Susanne Rehm: Wir haben ganz zu Beginn des Coachings eine Vision entwickelt, wie eine internationale LKJ aussehen soll. Dieses Zielbild ist offen für all die Wünsche derer, die an dem Prozess beteiligt sind. Dadurch wird es für alle Mitarbeitenden attraktiv und sie können vielleicht leichter Durststrecken und Widrigkeiten in Kauf nehmen und überwinden. Bei unserem Prozess war es ganz wichtig, so ein positiv besetztes Zielbild zu schaffen, nach dem wir uns jetzt ausrichten. Das ist etwas, das man nur mit einem Coaching erreicht, denn wann würde man es sonst im Alltagsgeschäft tun?

Das Coaching findet für die Mitarbeitenden statt und nicht für die Mitgliedseinrichtungen. Wurde in den Planungen oder in den Coachings irgendwann auch die Frage gestellt, wie die LKJ-Mitglieder bei der Internationalisierung unterstützt werden könnten?

Astrid Weber: Ich glaube, je kompetenter die LKJ als Dachorganisation ist, umso mehr kann sie ihren Mitgliedern in Form von Angeboten, Unterstützung, Beratung und Projekten weitergeben.

Susanne Rehm: Unsere Mitglieder sind ja auch Verbände, die wenigsten haben also eigene Jugendgruppen, mit denen sie arbeiten. Und wir haben als Landesdachverband letztendlich den Anspruch, auf Landesebene Themen zu setzen. Wir planen mittelfristig, einen Fachtag zum Thema kultureller Jugendaustausch oder internationale Kulturelle Jugendbildung zu veranstalten, auf dem wir eventuell schon erste eigene Erfahrungen präsentieren können. Außerdem loten wir die Möglichkeit aus, Beratung für international interessierte Akteure anzubieten. Wir wollen allerdings erst noch weiter an uns selbst arbeiten, bevor wir andere beraten können.

Interview: Rolf Witte, Bearbeitung: Waldemar Kesler

An der Initative-Welt-Öffner teilnehmendes BKJ-Mitglied:

Logo der Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung Baden-Württemberg

Als Dachverband vertritt die Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung (LKJ) Baden-Württemberg die politischen Interessen der kulturellen Kinder- und Jugendbildung auf Landesebene. Sie formuliert fachlich-politische Positionen und ist Ansprechpartner der Landesregierung. Mit großer Resonanz initiiert die LKJ Modellvorhaben und führt zahlreiche kulturelle Projekte an Schulen und außerschulischen Einrichtungen durch. Die Förderung von Kooperation und Vernetzung ist dabei von großer Bedeutung. Die LKJ ist auch Träger des Freiwilligen Sozialen Jahres in der Kultur (FSJ Kultur) in Baden-Württemberg.

Rosenbergstraße 50
70176 Stuttgart

info@lkjbw.de
0711 958028-10
https://www.lkjbw.de/

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