Engagement in Kultur ist ein wichtiger Beitrag für die Vielfalt des Ehrenamtes
Im Gespräch mit Jan Holze und Katarina Peranić, Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE)
Im Gespräch mit Jan Holze und Katarina Peranić, Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE)
Jan Holze und Katarina Peranić sind Vorstände der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE). 2020 vom Bund gegründet, verfolgt die Stiftung das Ziel, bürgerschaftliches Engagement und Ehrenamt zu stärken und zu fördern.
Katarina Peranić: Das Engagement im Kulturbereich macht einen sehr großen Anteil des gesamten Engagements in Deutschland aus. Wir haben laut Freiwilligensurvey 9 Prozent der Bevölkerung, die sich in Kultur engagieren. Wir haben viel Kontakt zu Vereinen, die sich im Bereich Kultur engagieren: vom Karnevalsverein bis hin zu Chören oder Orchestern. Aber auch ehrenamtlich organisierte Musikfestivals in ländlichen Räumen unterstützen wir. In unserem Stiftungsrat haben wir mit Lorenz Overbeck als Geschäftsführer des Bundesmusikverbands Chor & Orchester (BMCO) jemanden, der die Kultur repräsentiert.
Jan Holze: Engagement in Kultur stellt natürlich einen wichtigen Beitrag für die Vielfalt und auch die Farbenfrohheit des Ehrenamtes dar. Dass sich so viele Menschen in Kultur engagieren und immer wieder Gedanken dazu machen, wie Kultur dazu beitragen kann, die Gesellschaft zusammenzuhalten, dafür sind wir sehr dankbar.
Katarina Peranić: Bei der Bewältigung der Pandemie haben Kulturvereine aus unserer Erfahrung eine große Rolle gespielt. Sie haben für Kinder und Jugendliche sehr viele Angebote gemacht und ihnen nach den Lockdowns den Raum dafür geboten, sich mit anderen kreativ auszutauschen. Wir haben tolle Organisationen unterstützt, die sozial benachteiligten Kindern ermöglichen, sich künstlerisch zu betätigen. Vereine sind da immer recht schnell dabei, wenn es in einer Krisensituation darum geht, Mut zu spenden, kreativ zu sein und eben auch Räume zu eröffnen.
Katarina Peranić: Ein Viertel der Antragsteller*innen in unseren Förderprogrammen ist aus dem Kulturbereich. Bisher nicht so stark genutzt werden vom Bereich Kultur unsere Beratungs- und Fortbildungsangebote: Pro Jahr haben wir 60 Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen zu wichtigen Vereinsthemen und bieten z. B. juristische und Fundraising-Beratung an.
Jan Holze: Wir bearbeiten Themen, die alle Vereine betreffen: bürokratische Herausforderungen, wie Steuererklärung, DSGVO oder das Transparenzregister. Zahlreiche Fragen kommen auch zur Fördermittelakquise. Was viele umtreibt, ist das Thema Nachwuchsgewinnung. Einer unserer Schwerpunkte liegt im Bereich Digitalisierung.
Katarina Peranić: Wir haben im Bereich Digitalisierung unterschiedlichste Förderprogramme. Die Nachfrage im Kulturbereich ist dazu sehr stark und es gibt hier wirklich innovative Angebote, die wir während der Pandemie unterstützen konnten. So z. B. Projekte, in denen gemeinsames Chorsingen digital umgesetzt wurde und vieles erfunden wurde, damit es irgendwie weitergeht. Es macht große Freude zu sehen, welche Innovationen da entstehen können. Es braucht aber mehrere Akteure, die im Bereich Digitalisierung unterstützen. Die DSEE alleine wird das nicht lösen können. Da müssen noch mehr Player an den Tisch und in den großen Transformationsprozessen unterstützen.
Katrina Peranić: Das ist ein Thema, das auch uns sehr umtreibt. Im Freiwilligensurvey sehen wir, dass es Menschengruppen gibt, die unterrepräsentiert sind im Engagement. Deswegen haben wir in jedem Förderprogramm ein Kriterium festgelegt, dass mit dem Projekt auch Menschen Zugang zum Engagement finden sollen, die bisher nicht so stark involviert sind. Diversität und Inklusion sind auch für die Nachwuchsgewinnung wahnsinnig wichtig.
Jan Holze: Zum einen, indem wir Organisationen unterstützen, die mehr Transparenz in die Szene bringen wollen und die durch die Stiftung mehr Reichweite erzielen, zum anderen ist es auch unser Auftrag, mehr Reichweite und Einblick in die Engagementmöglichkeiten, nicht nur der Kulturszene, zu schaffen.
Katarina Peranić: Wir haben in Deutschland 360 Engagementplattformen bzw. Freiwilligenbörsen. Manche sind bundesweit unterwegs, manche sind thematisch aufgebaut, manche haben lokalen Fokus. Hier einen Überblick zu bekommen, ist anspruchsvoll. Wir unterstützen aber, wo wir können.
Katarina Peranić: Wir werden unser erfolgreiches Programm „100xDigital“ fortsetzen, wo wir 100 Organisationen dabei unterstützen, eine digitale Herausforderung mit unserer Hilfe finanziell, aber auch mit Wissen zu lösen. Und wir werden das Programm „Mikroförderung“ weiterführen, wo wir gerade in ländlichen Räumen mit Summen bis 2.500 Euro hauptsächlich ehrenamtlich getragene Organisationen unterstützen. Das wird auch gerne von Chören und Orchestern und vielen Kultureinrichtungen genutzt. Wir werden außerdem ein neues Programm auflegen, das den Organisationen helfen soll, die Transformationsherausforderungen gut angehen zu können.
Jan Holze: Neben den Förderprogrammen bauen wir die Beratung und Qualifizierung aus. Es wird also auch im nächsten Jahr umfangreiche Möglichkeiten geben, sich rund um aktuelle Themenstellungen des Ehrenamtes fortzubilden und Beratung einzuholen, wenn mal der Schuh drückt. Auch zu juristischen Fragen kann man sich bei uns rückversichern. Die Beratung ist kostenlos.
Jan Holze: Es steht explizit im Koalitionsvertrag, dass die Engagementstrategie des Bundes nicht im kleinen Kreis beschlossen oder erarbeitet werden soll, sondern mit Einbeziehung der Zivilgesellschaft. Und zur Zivilgesellschaft gehören auch die zahlreichen Kulturschaffenden in Deutschland, die die Möglichkeit haben werden, sich mit ihren Problemstellungen und Herausforderungen einzubringen. Die DSEE wird Formate für diesen Prozess bereitstellen. Wir denken da sowohl an digitale Prozesse, an denen man sich möglichst niedrigschwellig beteiligen kann, als auch an Fachforen, wo Expertinnen und Experten zu bestimmten Fragestellungen zusammenkommen. Die Stiftung wird auch bei Kulturorganisationen zu Gast sein, um sich zu Themen der Strategie auszutauschen.
Auf der Website www.zukunft-des-engagements.de können alle Ideen und Vorschläge dazu einreichen, wie das ehrenamtliche Engagement in Deutschland gestärkt werden kann und sich so an der Entwicklung der Engagementstrategie der Bundesregierung beteiligen.