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„Ein ganz schön dickes Brett“
Interview

„Ein ganz schön dickes Brett“

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Aktions- und Begegnungsräume für alle jungen Menschen in der ländlichen Region um Stralsund eröffnen – das will die Jugendkunstschule Vorpommern-Rügen. Wie das gelingen kann, beschreiben Tanja Pfefferlein und Dörte Wolter vom Projekt „JugendKunstSchule diVeRs“ im Interview.

Wie funktioniert die Arbeit einer Jugendkunstschule mit einem Einzugsgebiet mit rund 100 Kilometern Durchmesser?

Aktuell finden etwa 40 Prozent der Jugendkunstschulangebote an unterschiedlichen Orten im Landkreis Vorpommern-Rügen statt. Wir arbeiten vor Ort mit Partner*innen, Schulen, Kitas und Freizeiteinrichtungen zusammen, die uns beispielsweise Räumlichkeiten zur Verfügung stellen oder uns bei der Akquise von Teilnehmer*innen unterstützen. Mit regelmäßig stattfindenden Schulkursen, die wir etwa im Rahmen der Ganztagsschule anbieten, größeren Projekten – wie „JugendKunstSchule diVeRs“ – aber auch mit kurzen Schnupper- oder Ferienangeboten sind wir an mehreren, auch kleineren Orten im Landkreis aktiv.

Im Idealfall finden dann am gleichen Ort mehrere Angebote hintereinander statt, wie z. B. zwei Ganztagsschulangebote und ein Nachmittagskurs. Doch das ist eine logistische Herausforderung. Nicht nur die Kursleiter*innen sind viel unterwegs, auch die Zeitplanung der Kinder wird meist von den Buszeiten diktiert und lässt wenig Freiraum. Manche unserer Künstler*innen sind jeden Tag außerhalb von Stralsund tätig. Eine der Tanzpädagoginnen fährt jede Woche 280 km durch Vorpommern-Rügen. Das erfordert nicht nur eine hohe Bereitschaft zur Mobilität, sondern bedeutet auch weniger Austausch mit den Kolleg*innen und oftmals schlechte räumliche Voraussetzungen für kreatives Gestalten. Aus diesem Grund versuchen wir immer wieder Möglichkeiten zu schaffen, dass auch Kinder und Jugendliche, die in den ländlichen Regionen leben, für Projekttage nach Stralsund in die inspirierenden Räumlichkeiten der Jugendkunstschule kommen.

Die erste von drei „Zukunftswerkstätten“, durch die Sie Jugendliche in den Prozess der inklusiven und diversitätsbewussten Öffnung der JKS VR einbeziehen wollen, hat bereits stattgefunden. Wie ist es gelaufen? Können Sie uns einen ersten Einblick in die Ergebnisse geben?

An der ersten Zukunftswerkstatt im September 2017 nahmen insgesamt 29 Personen teil, gut die Hälfte davon waren Jugendliche aus dem Jugendbeirat, aus den Kursen und aus dem Umfeld der Jugendkunstschule. In mehreren Runden und unterschiedlichen Gruppenkonstellationen beschäftigten wir uns mit der Frage was eine zukunftsfähigen Jugendkunstschule ausmacht, den künftigen Aufgaben des Jugendbeirates und Beteiligungsmöglichkeiten für Jugendliche über den Kursbesuch hinaus.

Einige Ergebnisse sind bereits sichtbar. Die Jugendkunstschule ist jetzt zum Beispiel auf Instagram. Der Account jugendkunstschule_vr wurde von den Jugendlichen eingerichtet und wird regelmäßig von ihnen mit Blitzlichtern aus den Kursen und Projekten bestückt. In Kürze veranstalten die Jugendlichen einen Social Media Kurs für unsere Mitarbeiter*innen. Wir hoffen sie bringen viel Geduld mit.

Diese Offenheit und das ungezwungene Miteinander freuen uns natürlich. Deutlich formuliert wurde auch der Wunsch nach einem Begegnungsort –  einem Freizeitraum oder Café – von Jugendlichen gestaltet und verwaltet, jedoch offen für Erwachsene. Der Jugendbeirat beschäftigt sich nun mit dem Thema und wir sind gespannt wie es weiter geht. Die Rückmeldungen zum Austausch zwischen den Generationen und Künsten der Jugendkunstschule im Rahmen der Zukunftswerkstatt waren durchweg positiv und die neu gewonnene Energie ist deutlich spürbar.

Was tun Sie, damit der Öffnungsprozess nicht nur die Partizipation der Jugendlichen verbessert, die ohnehin schon in der JKS aktiv sind, sondern es tatsächlich gelingt, neue Nutzer*innen anzusprechen?

Unser Künstlerteam beschäftigt sich aktuell mit interdisziplinären und spielerischen neuen Angeboten. Mit Schnupperkursen und neuen mobilen Formaten wollen wir in den kommenden Monaten gezielt Schulen ansprechen, die bisher noch nicht mit uns kooperieren. Das ist ein ganz schön dickes Brett. Wir flankieren dies mit Fortbildungen und Praxisseminaren für Lehrer*innen und Pädagog*innen. Im März finden Angebote in den Bereichen Tanz und Clownerie statt. Mit engagierten Fürsprecher*innen und Partnerinstitutionen wie Schulen, Kitas, Jugendzentren und Demokratiewerkstätten und Jugendlichen die Lust haben, andere Jugendliche zu werben, kann es gelingen unseren Teilnehmerkreis noch größer und bunter werden zu lassen.

Seit April 2017 gibt es ein Welcome-Programm und einen Jugendkunstschullotsen, der die Neugierde geflüchteter Kinder und Jugendlicher wecken soll und sie bei den ersten Schritten in der Jugendkunstschule begleitet. Wir greifen natürlich auch die Rückmeldungen unserer Teilnehmer*innen auf. Im Tanzbereich starten nach den Winterferien zwei neue Angebote, die ausschließlich Jungen ansprechen. Wer sich für Veranstaltungstechnik interessiert, kann auch in diesem Bereich einen Kurs belegen. Auch Architektur und Design interessieren uns.

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