Deutsch-französische Fachtagung „Kulturelle Bildung und Sprache(n)“
16.-19.10.2014, Schwerin
16.-19.10.2014, Schwerin
Odile Bourgeois
Welchen Beitrag kann Kulturelle Bildung zum Wecken des Interesses für die andere(n) Sprache(n) bei internationalen Jugendbegegnungen leisten? Wie gelingen kulturelle Bildungsarbeit und Sprachen lernen in interkulturellen Kontexten? Ob Bildende Kunst, Film, Zirkus, kreatives Schreiben oder Theater: welche Potenziale haben kulturpädagogische Ansätze und Methoden im Hinblick auf die Förderung der mündlichen Kommunikation und des (Fremd-)Sprachenerwerbs?
Diesen Fragestellungen widmete sich die erste Fachtagung des deutsch-französischen Netzwerks jugend.kultur.austausch, die die BKJ in Kooperation mit der Ligue Française de l´Enseignement vom 16. bis 19. Oktober 2014 in Schwerin organisiert hat. Die Veranstaltung fand in den Räumlichkeiten der Schule der Künste statt, einer Jugendkunstschule, die die deutsch-französische und internationale Arbeit in ihren Aktivitäten seit mehreren Jahren fest verankert hat. Eingeladen wurden französische und deutsche Akteure der Kulturellen Jugendbildung und der internationalen Jugendarbeit, um dieses Thema intensiv zu diskutieren und neue Methoden zum Entdecken der Fremdsprachen im Jugendkulturaustausch auszuprobieren. Denn: auch wenn die außerschulische (kulturelle) Bildung das formale Bildungssystem in dieser Hinsicht nicht ersetzen kann, bieten die Träger und Einrichtungen dieses Feldes interessante Möglichkeiten, um die Sprachkompetenzen der Kinder und Jugendlichen zu fördern.
Das Programm beinhaltete Vorträge von und Interaktionen mit Praktiker*innen und Wissenschaftler*innen aus Frankreich, Deutschland und der Schweiz. Im Mittelpunkt stand die Vorstellung verschiedener deutsch-französischer bzw. internationaler Begegnungsformen, die einen Schwerpunkt auf die (Fremd-)Sprachförderung der jungen Teilnehmenden legten. Ein „Markt der Möglichkeiten“ zur Präsentation von Einrichtungen und interkulturellen außerschulischen (Sprach-)Begegnungen sowie eine Präsentation der aktuellen pädagogischen, inhaltlichen und konzeptionellen Schwerpunkte des Deutsch-Französischen Jugendwerks (DFJW) sowie verschiedene praktische Workshops der Schule der Künste , rundeten das Rahmenprogramm ab.
Die offizielle Begrüßung durch die Landeshauptstadt übernahm der stellvertretende Oberbürgermeister Dieter Niesen, der sich sehr erfreut über die Durchführung dieser Fachtagung in Schwerin zeigte. Nach der Vorstellung des DFJW und dessen Verständnis von Sprachförderung im Jugendaustausch, stand ein Referat von Dr. Karin Mohr, Projektverantwortliche des Essener Museums Folkwang, auf dem Programm. Sie präsentierte das von der Stiftung Mercator geförderte Sonderprojekt „Sprache durch Kunst“ und stieß auf großes Interesse, insbesondere weil dieses Vorhaben gezielt Schüler*innen mit besonderem Sprachförderbedarf die Möglichkeit gibt, ihre sprachliche Ausdrucksfähigkeit durch die Erfahrung von und den Umgang mit Kunst im Museum kreativ zu erweitern.
Was Bildende Kunst im Hinblick auf die Sprachförderung schafft, kann auch das Medium Film erreichen. So die Botschaft des Medienforschers Björn Maurer von der pädagogischen Hochschule Zürich, der das interkulturelle medienpädagogische Sprachförderprojekt „Filme fördern Sprache!“ vorstellte: mit den kreativen Ansätzen der Filmproduktion und des Schauspiels wurde deutschen, kroatischen, serbischen und rumänischen Jugendlichen die Motivation zum mündlichen Spracherwerb in Verbindung mit der Aneignung von Medienkompetenz vermittelt. Ziel der interkulturellen Jugendbegegnung war es, den Teilnehmer*innen die Erfahrung zu ermöglichen, zusammen Kurzspielfilme zu realisieren und dabei zu erleben, wie Fremdsprachen in einem schöpferischen Kontext kommunikativ und zielorientiert angewendet werden können. Auch in deutsch-französischen Jugendbegegnungen wurden diese positiven Erfahrungen gemacht: während der Tagung konnten die Teilnehmenden über die Anwendung der DFJW-Tandem-Sprachlernmethode im medienpädagogischen Austausch erfahren. Das von dem P.L.I.B. e.V. in Kooperation mit dem französischen Verein Une Terre Culturelle organisierte Projekt „Ciné-Tandem“ wurde vorgestellt und mit den Teilnehmenden diskutiert. Im Laufe dieser Begegnung entstand ein multimedialer Blog mit journalistischen und künstlerischen Beiträgen (Fotos, Texte, Videoclips, Audiopodcasts und Reportagen). Parallel lief die Aneignung der anderen Sprache durch die Tandemmethode, die auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit basiert. Deutsche und französische Teilnehmer*innen lernten gemeinsam mit der Hilfe ihres Partners die jeweilige Fremdsprache und waren dabei mal in der Position des Experten, mal in der Position des Lernenden. Mündliche und schriftliche Tandemübungen wurden von den Teamer*innen angeleitet.
Aus dem zirkuspädagogischen Bereich wurde eine deutsch-französisch-polnische Kooperation vorgestellt. Der Berliner Zirkus Zack im Vuesch e.V. unterstrich, dass die kreative Arbeit ein motivierender Anstoß ist, um das Interesse an der anderen Sprache zu wecken. In ihren Begegnungsreihen ging es darum, die Jugendlichen aufeinandertreffen zu lassen und aus ihren Improvisationen nach und nach eine Geschichte mit ausgewählten Zirkusdisziplinen zu formen. Auch in diesen Begegnungen war die peer-to-peer-Arbeit ein wichtiges Element der Kommunikation unter den Jugendlichen. Darüber hinaus war es ein weiteres wichtiges Anliegen der Organisator*innen, der Gruppe einen nicht-diskriminierenden Sprachgebrauch nahe zu bringen und diese Ansätze zu reflektieren und in die Zirkusshow einzubetten.
Auch aus dem Bereich der Theaterpädagogik wurden Begegnungskonzepte, Projektergebnisse und Methoden vorgestellt. Von einem Kindersprachprojekt des französischen Vereins L´Aria in französischer und korsischer Sprache, über eine von der KulturRegion FrankfurtRheinMain organisierte Lehrerfortbildung zu theaterpädagogischen Methoden für den Sprachunterricht und den Jugendaustausch, bis hin zum praktischen Ausprobieren von konkreten Theater- und Sprachübungen durch einen englischsprachigen Theaterpädagogen: die Fachtagung bot den Teilnehmenden zahlreiche Möglichkeiten, sich über die leichte Aneignung von Sprachen mit theaterpädagogischen Ansätzen auszutauschen.
Darüber hinaus fanden tägliche Sprachübungen und -spiele durch einen DFJW-zertifizierten Sprachanimateur statt. Somit konnten die Teilnehmenden einige Methoden der Sprachanimation entdecken, die sie in ihren weiteren Jugendkulturbegegnungen zum Lust machen auf Fremdsprachen anwenden und weiterentwickeln können.
In einer Auswertungsrunde begrüßten die Teilnehmer*innen die vielfältigen vorgestellten Möglichkeiten, das Thema „(Fremd-)Sprachen lernen“ aus unterschiedlichen künstlerisch-pädagogischen Perspektiven zu vertiefen. Darüber hinaus haben viele Teilnehmendeein Interesse an DFJW-Fortbildungen zur Sprachanimaion und für Gruppendolmetscher*innen gezeigt, um ihren jugendlichen Teilnehmer*innen bei Begegnungen zukünftig noch leichter über die nur vermeintlich so hohe Sprachbarriere hinweghelfen zu können.
Die Tagung konnte dank der finanziellen Unterstützung des DFJW durchgeführt werden.
Dieser Text ist lizensiert unter der Creative-Commons-Lizenz Namensnennung – Keine Bearbeitungen 4.0 International und darf unter den Bedingungen dieser Lizenz vervielfältigt und weiterverbreitet werden. Bitte geben Sie als Quelle www.bkj.de an und nennen den Namen des*der Autor*in, falls dieser hier genannt wird. Wenn Sie Fragen zur Nutzung dieses Textes haben, melden Sie sich gerne unter redaktion(at)bkj.de!