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Bildungslandschaften mit Kooperationen systematisch aufbauen
Interview

Bildungslandschaften mit Kooperationen systematisch aufbauen

Interview mit Dr.in Bettina-Maria Gördel, Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung

veröffentlicht:

Kooperationen zwischen Schulen und kulturellen Bildungspartnern bilden noch keine Bildungslandschaft. Es braucht eine systematische Verbindung. Was wir aus einer Interviewstudie zu Kooperationen mit Schulen für den Aufbau von Bildungslandschaften lernen können, verrät Dr.in Bettina-Maria Gördel.

Dr.in Bettina-Maria Gördel war bis 2019 wissenschaftl. Referent*in im BKJ-Projekt „Kreativpotentiale und Lebenskunst NRW“. Einige ihrer Arbeitsschwerpunkte waren Schulentwicklung, Educational Governance, Organisationstheorie, qualitative Forschungsmethoden.

In einer Interviewstudie haben Sie gemeinsam mit Kolleg*innen die Bedingungen und den Verlauf von Kooperationen zwischen kulturellen Bildungsinstitutionen und Schulen untersucht. Was ist nötig, damit aus einer Kooperation ein Netzwerk wird?

Einzelne Kooperationen zwischen Schulen und kulturellen Bildungspartnern können aus sich allein heraus keine Bildungslandschaft oder auch kein Netzwerk bilden. Ein Netzwerk entsteht erst über bilaterale Beziehungen hinaus. Dazu braucht es beispielsweise einen Mittler, der diese Netzwerkfunktion übernimmt und die verschiedenen Institutionen miteinander verbindet. Ein Mittler, z. B. ein Bildungsbüro einer Kommune, behält den Überblick, ist Ansprechpartner für Schulen oder einzelne kulturelle Bildungsinstitutionen, unterstützt gezielt bei der Suche nach Kooperationspartnern und gibt neue Impulse in die Bildungslandschaft bzw. das Netzwerk. In einem von uns untersuchten Fall hat der Bürgermeister diese Mittler- oder auch Knotenpunktfunktion übernommen. Er hat Kitas, Schulen und außerschulische Partner an einen Tisch gebracht und mit ihnen gemeinsam überlegt, wie man zusammen ein Netzwerk aufbauen und gestalten kann. Und zwar systematisch. Erst wenn es eine Systematik in der Vernetzung gibt, kann von einer Bildungslandschaft gesprochen werden.

Erst wenn es eine Systematik in der Vernetzung gibt, kann von einer Bildungslandschaft gesprochen werden.

Dr.in Bettina-Maria Gördel

Welche Kooperationen sind für Bildungslandschaften besonders gewinnbringend?

Es gibt unterschiedliche Kooperationstypen, je nach Anlässen, Motiven und Zielen der Kooperation, die wir rekonstruieren konnten. Bei der „Pragmatischen Kooperation“ findet keine Zusammenarbeit statt, es spielt sich vielmehr alles nebeneinander ab. Die Institutionen der Kulturellen Bildung fungieren als reine Dienstleister. Beim Kooperationstyp „Inhaltliche Kooperation“ fragen Schulen die Expertise von kulturellen Bildungspartnern nach, z. B. Lehrer*innen, die ein Theaterprojekt angehen, nicht weiterkommen und dann die Expertise einer*s Theaterpädagog*in benötigen. Hier findet eine inhaltliche Zusammenarbeit jenseits der reinen Dienstleistung statt, ohne die die Kooperation gar nicht gelingen könnte. Beim dritten Kooperationstyp, der „Subjektorientierten Kooperation“, wollen Schulen die Schüler*innen besser erreichen und in ihrer Persönlichkeitsentwicklung fördern. Gerade Kooperationen mit einer solchen Zielsetzung finden von Anfang an auf Augenhöhe und in enger Zusammenarbeit statt. Hier entsteht die Qualität, die die BKJ als grundlegend für eine Kooperation erachtet.

Auf Grundlage der Interviewstudie kann nicht gesagt werden, dass einer dieser Kooperationstypen am gewinnbringendsten ist. Sie haben alle ihre Berechtigung, da sie sich aus unterschiedlichen Bedürfnissen heraus entwickeln. Die „Subjektorientierte Kooperation“ ist z. B. häufig dann entstanden, wenn die Schulen auf Veränderungen in ihrer Schülerschaft eingehen wollten. Es ist die zeitintensivste Kooperation und verlangt von den Beteiligten sehr viel ab. Eine solch hohe Kooperationsintensität ist nicht immer notwendig, noch ist sie von den beteiligten Institutionen immer leistbar.

Welche Hinweise können die Typen geben, um Kooperationen in einer Bildungslandschaft weiterzuentwickeln?

Die Typenbildung kann der Selbstreflexion oder als Grundlage für die Vermittlung von Kooperationspartnern dienen: Stimmen die Motive und Ziele der Kooperationspartner überein? Wieviel Herz und wieviel Pflicht steckt in der Kooperation? Dieses Verhältnis sollte sich bei beiden Partnern die Waage halten, damit die Zusammenarbeit stimmt. Ist die Kooperation dementsprechend gestaltet, um das Ziel erreichen zu können? Die Rekonstruktion von Typen kann auch einem Mittler helfen, gezielte Fragen zu stellen und passende Kooperationspartner in einer Bildungslandschaft zusammenzubringen.

Welche Gelingensbedingungen für Kooperationen gibt es v. a. aus Sicht der außerschulischen Akteure?

Wichtig für die „Inhaltliche Kooperation“ und die „Subjektorientierte Kooperation“ ist, dass die Kooperationspartner miteinander in Austausch gehen. Langfristige Kooperationen gelingen durch Offenheit, Kompromissbereitschaft und Verbindlichkeit. Ganz wichtig ist außerdem die Unterstützung durch die Leitung der kooperierenden Institutionen. Für einige außerschulische Akteure spielt auch die räumliche Nähe zu den Schulen eine Rolle, damit die Schüler*innen die Möglichkeit haben, selbstständig zum Kooperationspartner zu gelangen.

Kooperationen sind sehr zeitintensiv und können nur gelingen, wenn es dafür zuständige Personen gibt, wenn Aufgaben verteilt werden oder eine Entlastung stattfindet. Das lässt sich auch auf Bildungslandschaften übertragen.

Dr.in Bettina-Maria Gördel

Welche Rahmenbedingungen braucht es?

Eine Bedingung auf beiden Seiten der Kooperation ist, dass genügend Personal da sein muss bzw. dieses Personal für die Kooperation Zeit mitbringen muss. Kooperationen sind sehr zeitintensiv und können nur gelingen, wenn es dafür zuständige Personen gibt, wenn Aufgaben verteilt werden oder eine Entlastung stattfindet. Das lässt sich auch auf Bildungslandschaften übertragen. In unserer Interviewstudie wurde von den kulturellen Bildungspartnern immer wieder betont, dass es sehr hilfreich ist, eine Person beim Partner Schule zu haben, die für die Kooperation zuständig ist, z. B. eine*n Kulturbeauftragte*n. Kooperationen kann man nicht als reines Add-on betreiben. Viele Institutionen, die begeistert von ihren Kooperationen erzählten, hatten extra Personal dafür. Die anderen Institutionen haben sich schon dabei aufgerieben, überhaupt eine Finanzierung zu ermöglichen.

Das Interview ist erstveröffentlicht in der Arbeitshilfe „Bildungslandschaften. Perspektive Kinder- und Jugendarbeit“ der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (2019):

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