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Bei Anruf Kultur
Aus der Praxis

Bei Anruf Kultur

Kulturelle Bildung von Anfang an

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Kinder im Kita- und Grundschulalter aus von Armut betroffenen Familien können über den Hamburger KulturKlub Freikarten für Theater, Museum, Zirkus oder Konzerte beziehen. Der Aufbau persönlicher Beziehungen spielt bei der Vermittlung der Karten eine tragende Rolle.

„Guten Tag, hier ist Tamara vom KulturKlub“, verkündet die verheißungsvolle Stimme am Telefon. „Mittwochabend könnte sich Ihre Familie die Jungen Symphoniker auf Kampnagel anschauen. Passt das?“ Martin Winter zögert nicht lange und sagt direkt zu. Er ist einer von 11 500 KulturGästen, die durch ihre Mitgliedschaft im Verein KulturLeben Hamburg e. V. mit ihrer Familie kostenfrei Kulturveranstaltungen besuchen können. KulturLeben ist der Trägerverein des Kinderprojekts KulturKlub, mit dem mehr als 1500 Kinder im Alter zwischen drei bis und 12 Jahren aus ganz Hamburg erreicht werden.

Bei der Kultur zu Gast

Winter ist alleinerziehender Vater von drei Kindern. Da wird das Geld am Ende des Monats schon mal knapp. Für Kultur reicht es dann meist nicht mehr. Seiner Familie geht es da wie 21 Prozent der von Armut betroffenen Hamburger*innen (und 15 Prozent der Familien im Bundesdurchschnitt). Besonders häufig fallen unter die Armutsgrenze Kinder von Alleinerziehenden mit mehr als zwei Geschwistern. Das Freikarten-Angebot des KulturKlubs ist für diese Familien – wie für die Winters – ein echter Lichtblick. 

Der KulturKlub in St. Pauli ermöglicht seit 2018 Kindern von drei bis zwölf Jahren aus von Armut betroffenen Familien sowie auch aus kooperierenden Bildungs- und Betreuungseinrichtungen durch den kostenfreien Zutritt die Teilhabe an kulturellen Angeboten – und damit die Teilhabe an Gesellschaft „von Anfang an“ – so auch das Credo des Trägers. Mehr als 160 Kulturveranstalter unterstützen das Angebot durch Ticketspenden. Eltern und Erziehungsberechtigte können ihre Kinder beim KulturKlub für das Angebot der Kinderveranstaltungen anmelden und aus zwölf Genres von Theater über Zirkus und Lesung bis Museum und Konzert auswählen. Dass es Mittwoch zur den Jungen Symphonikern geht, ist für die Winters ein klarer Glückstreffer.

Anruf genügt!

Der KulturKlub vermittelt die Eintrittskarten persönlich am Telefon, um den KulturGästen mögliche Vorbehalte vor einem Veranstaltungsbesuch zu nehmen – wegen finanzieller Engpässe oder aus der Unsicherheit heraus, was bei einem Besuch der Oper, des Theaters oder Museums zu erwarten ist: Gibt es einen Dresscode? Was mache ich in der Pause? Fragen, die die KulturGäste beschäftigen, können sie vorab am Telefon klären. Nicht zuletzt sorgt die persönliche Vermittlung für Verbindlichkeit, das Angebot auch tatsächlich wahrzunehmen. Der letzte Schritt zum Veranstaltungsbesuch ist dann ganz einfach: Die Karten sind an der Abendkasse hinterlegt, die KulturGäste müssen sich lediglich namentlich ausweisen.

Die Netzwerkarbeit der Kultur- und Sozialpartner in den Vierteln sichert maßgeblich den Erfolg des KulturKlub-Angebots, als Akteure der Sozialen Arbeit erreichen sie die Familien unmittelbar vor Ort. Auch diese direkte Ansprache senkt die Schwelle, Kulturangebote auch anzunehmen. Außerdem geben prominente Wortbotschafter*innen aus Hamburg dem Angebot des Vereins ein Gesicht und schaffen Vertrauen, etwa der Schauspieler Joachim Meyerhoff, das Improvisationstheater hidden shakespeare oder der Schriftsteller Gunter Gerlach.

Die Familie Winter hat bereits häufiger den Weg in den Konzertsaal gefunden. Am Mittwoch wird es das sechste Mal soweit sein. Martin Winter hofft, dass er seinen Kindern damit einen natürlichen Zugang zu Kunst und Kultur vermitteln und den Grundstein bei ihnen legen kann, als junge Erwachsene auf eigene Faust Kultur als selbstverständlichen Teil ihres Lebens zu entdecken.

Kurz und knapp: KulturKlub – Teilhabe von Anfang an

Eine Analyse von Kulturkartenmodellen in Deutschland nimmt Viola Kelb im Auftrag der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ) (2022) vor.