Auf der Suche nach dem gemeinsamem Flow zwischen Indischem Ozean und Ostsee
Deutsch-Tansanische Partnerkonferenz, 13. bis 17. März 2023, Daressalam
Deutsch-Tansanische Partnerkonferenz, 13. bis 17. März 2023, Daressalam
Ein gelungenes Jugendbegegnungsvorhaben startet nicht in dem Moment, in dem eine Jugendgruppe im Partnerland aus dem Zug, vom Schiff oder aus dem Flugzeug steigt, um dort von ihren Gastgeber*innen in Empfang genommen zu werden. Viel mehr realisiert sich in diesem Moment, was bereits lange vorher begonnen hat: eine reale Begegnung als Teil grenzüberschreitender Bildungsarbeit, der oft Monate und manchmal Jahre der Vernetzung, des Aufbaus einer Partnerschaft zwischen einem Träger aus Deutschland und dem jeweiligen Partnerland und weitere Monate der gemeinsamen Antragsstellung, Projektplanung und Reiseorganisation vorausgegangen sind.
Wenn junge Menschen aus verschiedenen Ländern schließlich zusammentreffen, liegt ein großer Teil der Arbeit also bereits hinter den Partnerorganisationen. Dies gilt insbesondere für Jugendbegegnungen, bei denen auch die Grenzen von Kontinenten überschritten werden und zwischen den beteiligten Ländern mehrere tausend Kilometer Distanz liegen – sogenannten globalen Jugendbegegnungen.
Um Träger der Kulturellen Bildung aus Deutschland und den entsprechenden Partnerländern bei dieser anspruchsvollen Aufgabe zu unterstützen, führt die Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ) seit mehreren Jahren Vernetzungstreffen für Träger aus Deutschland und Ländern des Globalen Südens durch. Seit 2017 arbeitet die BKJ dabei mit der Tanzania Youth Coalition (TYC) in Daressalam zusammen. Hier fand im März 2023 eine erste Tansanisch-Deutsche Partnerkonferenz nach der Corona-Zeit in Präsenz statt. Bei dieser kamen unter anderem Partner zusammen, die künftig zum Beispiel zwischen Stralsund an der Ostsee und Daressalam am Indischem Ozean aktiv sein wollen.
Es war erfrischend, sich ‚live‘ zu sehen und die Menschen zu spüren.
Stefan Koeck, Medienwerkstatt Identity Films, Stralsund
Bei einer solchen Konferenz geht es darum, den Partnertandems ein oft erstes persönliches Kennenlernen zu ermöglichen. Vor Ort kann dann gemeinsam über den Aufbau einer fairen Partnerschaft, die jeweiligen Kontexte der Jugendarbeit sowie konkrete Projektideen und mögliche Anträge gesprochen werden.
Im Vordergrund stehen allerdings nicht nur solche eher technischen Fragen: Für die zwölf nach Tansania angereisten Teilnehmer*innen aus insgesamt zehn verschiedenen Organisationen aus Deutschland ging es auch darum, ein Gefühl dafür zu bekommen, wie es ist, sich in Daressalam, auf Sansibar oder in Bagamoyo durch die Straßen zu bewegen. Es geht darum, aus nächster Nähe zu erleben, wie kulturelle Jugendarbeit bei der eigenen Partnerorganisation aussieht. Wer selbst erlebt hat, wie sich eine Begegnung möglicherweise für die Jugendlichen anfühlen wird, kann ein gemeinsames Projekt mit den Partnern besser planen und realistischer einschätzen, was dafür vor Ort zu beachten ist.
Education means how do we transform our communities.
Lenin Kazoba, Tanzania Youth Coalition, Daressalam
Bei ihren oft ersten persönlichen Zusammentreffen konnten sich die beteiligten Partnertandems zudem viel über individuelle Backgrounds austauschen. Darüberhinaus werden Perspektiven beleuchtet, die die gemeinsam geplanten Begegnungen den beteiligten Jugendlichen bieten sollen. Interessant war dabei insbesondere die Frage nach den jeweiligen Zielen bei einem solchen Format der non-formalen Bildungsarbeit.
Auf der deutschen Seite im Kontext der Kulturellen Bildung und der Internationalen Jugendarbeit steht oft die internationale, transkulturelle Erfahrung und die damit verbundene Persönlichkeitsentwicklung im Vordergrund. Die tansanische Seite hingegen sieht den Mehrwert solcher internationalen Formate vor allem darin, junge Menschen über „exposure“, also eine sichtbare und aktive Beteiligung, zu ermächtigen. Und damit auch im ökonomischen Sinne selbstständiger zu werden und als Multiplikator*innen innerhalb der eigenen „community“ wirksam zu werden.
The aim is always exposure and economic empowerment. […] Learning first, growing and exposure, and then economic independence and community development follows.
Isack Abeneko, ASEDEVA Tanzania, Daressalam
Aber auch verschiedene Sichtweisen auf wichtige Fragen wie eine transparente Handhabung der Finanzen, eine funktionierende und regelmäßige Kommunikation zwischen den Partnerorganisationen und den vorausschauenden Umgang mit weiteren „organizational challenges“ konnten bei der Konferenz in Daressalam thematisiert werden. Hilfreich war dabei auch die Einbindung weiterer dafür wichtiger Akteure, wie der deutschen Botschaft vor Ort und des Deutsch-Afrikanischen Jugendwerks. Dies machte auch einen direkten Austausch über strukturelle Hürden und Herausforderungen bei globalen Jugendkulturaustausch-Projekten möglich.
Die Tansanisch-Deutsche Partnerkonferenz war daher ein gelungener erster Schritt, um im Bereich der Kulturellen Bildung nach der Corona-Zeit wieder mehr Dynamik in die Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern zu bringen. Zudem konnte bei dem Zusammentreffen für viele der beteiligten Tandems der Grundstein für eine dauerhafte, nachhaltige Partnerschaft gelegt werden.
Text: Volkmar Liebig
Akteur*innen der Kulturellen Bildung, die ihre Zusammenarbeit mit einer tansanischen Partnerorganisation intensiveren wollen, konnten mit Unterstützung der Tanzania Youth Coalition (TYC) und der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ) in Tansania zusammenkommen. Interessierte waren eingeladen, an einer einwöchigen Reise nach Daressalam mit Partnerkonferenz und Projektbesuchen teilzunehmen.
Ziel des Formats ist es, dass in der Gründung befindliche oder bereits bestehende tansanisch-deutsche Partnertandems die Möglichkeit bekommen, ihre Partnerschaften auf- bzw. weiter auszubauen, Projektpläne für gemeinsame Jugendbegegnungen zu vertiefen sowie mit anderen Akteur*innen, die Ähnliches vorhaben, in Kontakt zu kommen. Die Teilnehmer*innen hatten zudem die Gelegenheit, sich über Förderoptionen wie das „Teams up!“-Programm auszutauschen sowie die jeweilige Partnerorganisation vor Ort zu besuchen.
Beteiligte Organisationen aus Tansania: Kigamboni Community Center (KCC), Forward Step Organization (FSO), Shada Sarakasi – Tasuba, Practical Permaculture Institute Zanzibar, Projekt Inspire Limited, Tanzania Youth Coalition, ASEDEVA Tanzania
Beteiligte Organisationen aus Deutschland: Latibul e. V., Circus Schatzinsel e. V., Medienwerkstatt Identity Films e. V., Bleiberger Fabrik, Ludwig Wolker e. V., Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung Niedersachsen e. V. , BAG Zirkuspädagogik e. V., BDKJ Berlin, Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ)
Die Partnerkonferenz wurde im Rahmen der Programmlinie Teams up! des Deutsch-Afrikanischen Jugendwerks bei Engagement Global und mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert. Das Förderprogramm „Teams up!“ ist eine der wesentlichen Möglichkeiten, um globale Jugendbegegnungen zwischen Deutschland und einem Land des afrikanischen Kontinents im Kontext des Globalen Lernens umzusetzen.