Jana war von ihrer Tätigkeit im Kulturamt der hessischen Gemeinde Büttelborn während ihres Freiwilligendienstes so begeistert, dass sie nach ihrer Ausbildung hauptamtlich zurückgekehrt ist. Es fasziniert sie, ein vielfältiges Kulturangebot zu organisieren – und das abseits der Großstadt.
Von Mattea Bokelmann
Veranstaltungsorganisation von der Pieke auf
Bereits während ihres Freiwilligendienstes im Kulturarmt der Gemeinde Büttelborn vor acht Jahren spielte Jana mit dem Gedanken: „Wenn hier mal irgendwann wieder eine Stelle frei wird, genau hier im Kulturamt, möchte ich mich auf jeden Fall darauf bewerben und zurückkommen.“ Mittlerweile ist Jana seit vier Jahren hauptamtliche Mitarbeiterin. Zusammen mit drei weiteren Kolleg*innen und einer*m Freiwilligen im FSJ Kultur organisiert sie die kulturellen Veranstaltungen der ländlichen Gemeinde.
Für Jana kamen zwei Dinge bei der Entscheidung für ihren Freiwilligendienst zusammen. Ihr Bruder hatte bereits ein FSJ Kultur bei der Gemeinde Büttelborn gemacht, wodurch Jana von dieser Möglichkeit erfuhr. Außerdem hat sie schon während der Schulzeit begeistert Veranstaltungen organisiert. Janas Interesse passte also zu dem vom Kulturamt abwechslungsreich geplanten und durchgeführten Programm. „Mir war besonders wichtig, aus dem FSJ mitzunehmen, wie Veranstaltungsplanung eigentlich richtig funktioniert – und das habe ich.“ Neu war für Jana im Freiwilligendienst vor allem, eine Veranstaltung im Nachhinein auszuwerten und zu schauen, wie beispielsweise einzelne Einnahmen und Ausgaben im Verhältnis zueinander stehen.
Die Zeit im Freiwilligendienst bestärkte Jana in der Entscheidung, eine Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement zu machen. Jetzt – zurück im Kulturamt – kann sie ihre gesammelten Erfahrungen an die neuen Freiwilligen* weitergeben: „Buchhaltung habe ich in meinem FSJ zum Beispiel nicht so richtig erklärt bekommen, sondern eher in der Ausbildung. Und da versuche ich jetzt, den Freiwilligen* bereits im FSJ einen kleinen Einstieg zu bieten, sodass man einfach ein Verständnis für die Vielfältigkeit der Bürowelt hier bekommt.“
Gemeinsam Kultur schaffen
Die Vielfalt ihrer Tätigkeiten bei der Gemeinde Büttelborn hat Jana immer begeistert. Während ihres Freiwilligendienstes war sie an keine festen Abteilungen gebunden, sondern hatte die Möglichkeit, in vielen Bereichen selbst mitzugestalten.
„Das war auf jeden Fall das, was im FSJ einfach das Schöne war: Es war kein Tag gleich. Und so ist es immer noch. Jeder Tag ist anders und etwas Besonderes.“
Jana Schäfer, FSJ Kultur 2013/2014
Außerdem arbeitet sie mit verschiedenen Ämtern zusammen, beispielsweise mit dem Ordnungs- oder Bauamt bei Genehmigungsfragen oder anstehenden Baumaßnahmen, wie dem aktuellen Umbau im Café Extra, der Kleinkunstbühne Büttelborns. Aber auch die Zusammenarbeit mit Künstler*innen und freiwillig Engagierten bei Veranstaltungen ist zentral. Letztere ermöglichen überhaupt erst das große Büttelborner Kulturangebot: „Die ehrenamtlichen Helfer*innen halten uns den Rücken frei, sie kennen sich bei uns aus und wissen genau, was sie machen müssen – beim Einlass oder hinter der Theke. Wir als hauptamtliche Veranstalter haben dann Zeit, uns um andere Sachen zu kümmern, zum Beispiel die Betreuung der Künstler*innen“, erklärt Jana.
Ländlichen Raum als wichtigen Kulturraum stärken
Das Café Extra besteht bereits 32 Jahre als kleinste Kleinkunstbühne in Hessen und hat sich seitdem über die Gemeinde Büttelborn mit seinen 13.500 Einwohner*innen als wichtiger Ort für kulturelle Begegnung und Veranstaltungen etabliert. So ein Programm mit Lesungen, Ausstellungen, Schnuppertagen der Musikschule oder Kabarett- und Comedy-Veranstaltungen ist nicht selbstverständlich – findet auch Jana: „Ich kenne kein Dorf und keine Gemeinde in der Umgebung, die so ein kulturelles Programm macht wie wir.“ Auch Besucher*innen von außerhalb seien immer wieder erstaunt und positiv überrascht. „Da können sich viele Gemeinden oder kleinere Städte noch eine Scheibe abschneiden“, meint Jana. Denn das im ländlichen Raum oft wenig ausgeprägte oder gar nicht vorhandene Angebot führe u. a. auch dazu, dass vor allem ältere Menschen durch ihre eingeschränkte Mobilität von Kulturveranstaltungen ausgeschlossen werden.
Kultur für alle und barrierefrei!
Trotz des sehr gut angenommen Angebots in der Gemeinde Büttelborn gibt es auch für Jana immer Dinge, die noch verbessert werden können. Eine Herausforderung sei es beispielsweise, vor allem ein jüngeres Publikum anzusprechen. „Man versucht immer die breite Masse abzuholen“, sagt sie. Ein eigenes Programm explizit für Jüngere gibt es vom Kulturamt nicht. Trotzdem erhofft sich Jana durch Angebote, wie das neue Nachhaltigkeitsprojekt des Fahrradkinos auch Jüngere anzusprechen. „Gerade bei mir im Jahrgang weiß ich, dass sehr viel aufs Klima und Nachhaltigkeit geachtet wird. Beim Fahrradkino erzeugst du durch das Fahrradfahren deinen eigenen Strom, um das Kino zu betreiben. Ich bin auf jeden Fall gespant, welches Publikum da kommt.“
Ideen, wie alle Menschen der Zugang zu Angeboten des Kulturamts ermöglicht werden kann, hat auch Jasmin. Sie hat gerade ihren Freiwilligendienst im Kulturamt beendet. In den letzten zwölf Monaten hat sie darüber nachgedacht, wie die Büttelborner Veranstaltungen barriereärmer werden könnten. Eine Freundin von ihr, die auf einen Rollstuhl angewiesen ist, hatte Jasmin von ihren Erfahrungen erzählt, dass vor allem im ländlichen Raum Veranstaltungsräume nicht barrierefrei zugänglich wären. „Und das stimmt. Bei uns gibt es keine Markierungen für Blinde, es gibt keinen rollstuhlgerechten Zugang, geschweige denn eine solche Toilette“, sagt Jana. Jasmin wollte das ändern. Insbesondere bei der Finanzierung stieß sie jedoch auf Hindernisse. Da das Kulturamt als öffentliche Einrichtung oftmals nicht förderfähig ist, hätten bereits im Voraus Gelder im Haushaltsplan einkalkuliert werden müssen. Deshalb holte sich Jasmin stattdessen im Förderprogramm „land.schafft“ innerhalb der Freiwilligendienste Kultur und Bildung Unterstützung. Mit den Mitteln organisierte sie einen Gebärdensprache-Kurs, um zumindest dabei zu unterstützen, mögliche Barrieren auf zwischenmenschlicher Ebene abzubauen. Mit einer Umfrage in Zusammenarbeit mit einer Zeitung für Gehörlose* hat sie außerdem herausgefunden, welche Barrieren von Veranstaltungsorten reduziert werden müssen, damit Gehörlose* Kulturangebote nutzen können. Und jetzt, am Ende von Jasmins Freiwilligendienst, gibt es eine lange Liste: „Natürlich ist bei uns das Anliegen, unsere Kleinkunstbühne weiter barrierefrei zu machen. Und wir wollen die Politik dazu anregen, auch unsere anderen Veranstaltungsorte so umzubauen, dass sie barrierefrei sind“, betont Jana. Sie ist begeistert von den Anregungen der Freiwilligen, sie haben den entscheidenden Anstoß gegeben, Kultur in der kleinen Gemeinde wirklich für alle zu ermöglichen.
Im Rückblick auf 20 Jahre Freiwilligendienste Kultur und Bildung sprechen wir mit ehemaligen und aktuellen Freiwilligen sowie mit Einsatzstellen über ihre ganz persönlichen Erfahrungen, über Engagement in Kultur, über Freiwilligendienste im ländlichen Raum, darüber wie inklusiv Freiwilligendienste sind und sein müssten und welchen Beitrag sie für unsere Gesellschaft leisten können. Und nicht zuletzt feiern wir in diesem Kontakt, mit Konfetti und Wimpeln: bewegende Begegnungen, enthusiastisches Engagement, funkelnde Freude, inspirierende Ideen, radikale Reflexion. Alle Geschichten und Beiträge zum Jubiläum sind auch unter www.dankefuer20jahre.de zu finden. #dankefuer20jahre
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