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Aus der Praxis

Gestaltbare Räume für junge Kunst und intersektionale Themen

Preisträgerprojekt „iJuLa – intersektionale Jugendlabore im Veedel“ im MIXED UP Wettbewerb 2021, ROOTS & ROUTES Cologne e. V., Köln

27.10.21

Im iJuLa-Projekt in Köln gestalten junge Künstler*innen Räume, und setzen künstlerisch-thematische Angebote in diesen Räumen um. In partizipativen Jugendlaboren arbeiten sie kreativ zu Themen wie Queerness, Rassismus und dem Zusammenwirken unterschiedlicher Diskriminierungsformen.

Von Waldemar Kesler

Der 2013 gegründete Kölner Verein ROOTS & ROUTES Cologne e. V. (RRCGN) ist eine kulturpädagogische Einrichtung, die sich für internationale Jugendarbeit, kulturelle Vielfalt und spartenübergreifende Kunstprojekte einsetzt. Zwischen 2017 und 2019 führte der Verein das Projekt „Young Arts for Queer Rights and Visibility“ durch, das queere junge Künstler*innen und künstlerische Arbeiten förderte, die sich mit der Vielfalt von Gender und sexuellen Orientierungen auseinandersetzten. Jugendliche und junge Erwachsene wurden dafür sensibilisiert, was diskriminierende Handlungen und Sprache ausmacht, und erarbeiteten Ideen, um sich für die Rechte, Sichtbarkeit und Anerkennung queerer Menschen einzusetzen. Als das Projekt auslief, wurden die teilnehmenden Künstler*innen nach Ideen für Folgeprojekte gefragt. Ein Konsens unter ihnen war, dass es in Köln viel zu wenig Räume für junge Menschen gibt, die sich kreativ-künstlerisch betätigen möchten, ebenso zu wenig Safer Spaces für queere junge Leute. „Wir haben uns dann vorgenommen, beide Angebote zu kombinieren, indem wir künstlerisch-thematische Pop-up-Jugendlabore eröffnen“, berichtet Sascha Düx, der Geschäftsführer von RRCGN.

Ideenreichtum und Raumknappheit

Im Januar 2020 startete dann schließlich mit Förderung seitens des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ und der DOHLE Stiftung das Projekt „iJuLa – intersektionale Jugendlabore im Veedel“. Bei dem Projekt sollen über fünf Jahren hinweg Räume in verschiedenen Stadtvierteln eröffnet werden, in denen Workshops, Kunstprojekte und Informationsveranstaltungen zu den Themen Antidiskriminierung und Queerness stattfinden. Das Programm für diese Räume erstellt ein Jugendkuratorium, das aus 35 jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 27 Jahren besteht, die sich dafür beworben haben. Das Team vom RRCGN unterstützt das Kuratorium mit organisatorischem Knowhow, inhaltlichen und künstlerischen Fortbildungen. Während das Jugendkuratorium gemeinsam Ideen entwickelte und anschließend in Kleingruppen online an konkreten thematischen Angeboten und Aktionen arbeitete, war kein geeigneter Raum zu finden, bis sich endlich eine Gewerbehalle in Köln-Zollstock anbot. Es war abzusehen, dass die Renovierung extrem viel Aufwand erfordern würde und Tausende Euro zu investieren waren, bevor ein kulturelles Programm auf die Beine gestellt werden konnte. Das Gestaltungspotenzial schien jedoch die schwierige Vorbereitung aufzuwiegen.

Am 2. Juli 2021 konnte dann das Jugendlabor in Zollstock eröffnet werden. Viele der Besucher*innen kamen aus anderen Stadtteilen: Sie kannten das Projekt von den digitalen Veranstaltungen, die das iJuLa-Kuratorium in der Zeit des Corona-Lockdowns durchgeführt hatte. Das Projekt bietet inzwischen Angebote wie einen Buchclub, eine offene Kunstrunde oder „empowernde Haarschnitte“ für Menschen, die in Friseursalons diskriminierende Erfahrungen gemacht haben.

Als das Kölner Amt für Integration und Vielfalt nach Kooperationen suchte, um das Angebot im Museum Ludwig diverser zu gestalten und neue Zielgruppen anzusprechen, fand es mit den iJuLa eine geeignete Partnereinrichtung. Mitglieder des Kuratoriums filmten daraufhin die Interviewreihe „Let’s talk about Queerness“, die während der Andy-Warhol-Ausstellung im Museum Ludwig lief und noch auf Vimeo zu sehen ist. Das Jugendkuratorium war außerdem mit einer eigenen Bühne vorm Kölner Dom beim IDAHOBIT 2021 aktiv. Dort parodierte es bei der Performance „Die Abschaffung der Diskriminierung“ leere Symbolpolitik, die an der Realität vorbeigeht: Als Politiker*innen verkleidete Jugendliche betraten nacheinander die Bühne, um feierlich zu erklären, dass Diskriminierung nun offiziell abgeschafft sei.

Eine iJuLa-Gruppe verfolgte die Idee, ein Magazin zu queeren Themen aus der Taufe zu heben. Da niemand Publikationserfahrung hatte, besuchten alle einen Workshop von Ulla Heinrich vom feministischen Missy Magazine. Anschließend veröffentlichte iJuLa einen Open Call für Einsendungen von Texten, Gedichten und Fotoserien. Im Winter 2021 wird nun die erste Ausgabe von „sec*“ in den Druck gehen, die fast hundert Seiten umfassen und ein Fotofeature aus der Kölner Voguing-Szene beinhalten wird. Mittlerweile machen fast 50 junge Menschen bei sec* mit.

Weiterbilden und vernetzen

Kuratoriumsmitglieder und weitere junge Künstler*innen trafen sich im Juli 2021 auf der ROOTS & ROUTES Peer Coach Academy, um sich zwölf Tage lang über berufspraktisches Wissen der Kulturellen Bildung auszutauschen und zu besprechen, wie kulturelle Angebote angeleitet werden, was bei Workshops beachtet werden muss, welches physiologische Wissen Tänzer*innen und Choreograf*innen brauchen oder welche Rechtsformen es für die Tätigkeit als künstlerische*r Dozent*in gibt. Daneben fanden Workshops zu den Themen Queerness und Intersektionalität statt, d. h. Überschneidungen von verschiedenen Diskriminierungsformen.

Die Teilnehmer*innen konnten bei der Peer Coach Academy auch die bundesweit anerkannte Jugendleiter*in-Card „Juleica“ erwerben. Durch Fortbildungen wie diese unterstützt RRCGN bei allen seinen Projekten Jugendliche in ihrer kreativen und professionellen Entwicklung. Außerdem fördert der Verein ihre lokale und internationale Vernetzung. „Wir wollen nicht vorgeben, welche Art von Veranstaltungen die Teilnehmer*innen durchführen sollen. Stattdessen unterstützen wir sie bei der Planung und beraten und begleiten bei der Umsetzung. Als zum Beispiel bei uns eine Filmreihe stattfinden sollte, haben wir für unsere Leute eine halbtägige Fortbildung über Filmrechte und Lizenzvergabe mit einer Fachkraft eines Kölner Filmfestivals durchgeführt. Solche Bildungsgelegenheiten ergeben sich immer aus den jeweiligen Interessen, die im Jugendlabor gerade verfolgt werden“, erklärt Sascha Düx.

Ursprünglich sah das Konzept vor, Jugendlabore in drei Stadtteilen zu eröffnen. Nach den aufwendigen Arbeiten in Zollstock und der pandemiebedingten Verzögerung der Eröffnung wird der dortige Raum aber nicht, wie zunächst geplant, nur neun Monate geöffnet bleiben, sondern mindestens bis Ende des nächsten Jahres. Danach wird höchstens noch ein weiterer Raum eröffnet werden können. Mehregan Behrouz von RRCGN nimmt diese Planänderung zum Anlass, sich noch stärker in Zollstock zu engagieren:

Uns ist es ein Anliegen, hier in unserem Viertel intensiv mit Menschen zusammenzuarbeiten und ein Ort zu sein, wo junge Leute, die hier leben und Lust haben, sich künstlerisch zu betätigen, einfach vorbeikommen können. Neben großen Kooperationen wie mit dem Museum Ludwig streben wir mit iJuLa viele kleine Kooperationen an – in der Nachbarschaft in Zollstock, wie auch stadtweit zum Beispiel mit dem queeren Jugendtreff anyway.

Mehregan Behrouz

"iJula" ist Preisträger im MIXED UP Wettbewerb für kreative Kooperationsprojekte 2021 in der Kategorie "Partizipation: Unsere Themen, unsere Bühne".

Das sagt die Jury:

Offen gestaltete Räume, in denen sich junge Erwachsene mit Themen der Queerness und gesellschaftlicher Diversität beschäftigen – das sind die selbstbestimmten und empowernden Jugendlabore in Köln. Sie ermöglichen experimentelle Freiräume und, wo nötig, auch Safer Spaces für junge Menschen mit und ohne Diskriminierungserfahrung. Die jungen Teilnehmer*innen selbst stehen im Mittelpunkt des Projekts und sind die selbstbewussten Multiplikator*innen ihrer Anliegen: Sie geben als junge Künstler*innen ihre Expertise weiter, werden zu engagierten Kurator*innen von Ausstellungen und verbreiten ihre Erfahrungen in einem eigenen Magazin und auf Videoplattformen. Beeindruckende Reichweite inklusive. Das tragende und dynamische Netzwerk aus Jugend-, Kultur- sowie Antidiskriminierungsarbeit schafft einen Rahmen und erweitert sich nach den Wünschen der jungen Menschen. Die Erwachsenen treten in den Hintergrund, damit Jugendliche selbstwirksam und nach ihren Vorstellungen Kunst, Jugendkultur und Alltagskultur verbinden können. Die Jury ist überzeugt: Alles bleibt gestaltbar, selbstbestimmt und nachhaltig!

Zitiervorschlag

BKJ: Gestaltbare Räume für junge Kunst und intersektionale Themen
https://www.bkj.de/ganztagsbildung/mixed-up-wettbewerb/wissensbasis/beitrag/gestaltbare-raeume-fuer-junge-kunst-und-intersektionale-themen/
Remscheid und Berlin, .

    BKJ-Inhalt

    Typo: 357

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