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Aus der Praxis
Next Level Medienkompetenz: Programmieren und Coding im Spiellabor
Projekt „Spiellabor“, Medienwerkstatt im Soziokulturellen Zentrum „Die VILLA“, Leipzig
25.07.24
Spiele zu entwickeln ist mehr als lange Java-Codes zu schreiben. Für den 17-jährigen Nils ist es eine wichtige Kunstform. Er hat im Spiellabor mit der Pen-and-Paper-Methode entdeckt, wie sich Geschichten gemeinschaftlich erzählen lassen.
Von Katharina Hennecken
Bild: BKJ | Jörg Farys
Bild: BKJ | Jörg Farys
Bild: BKJ | Jörg Farys
Bild: BKJ | Jörg Farys
Film, Fotografie, Gaming, KI, Coding oder Social Media Gestaltung: Das alles lässt sich in der Medienwerkstatt in der VILLA in Leipzig ausprobieren. Medienpädagoge Max Strohmeyer leitet das Spiellabor in dem soziokulturellen Zentrum. Jeden Freitag experimentieren Teilnehmer*innen hier mit 3D-Grafiken und Gamedesign und bauen eigene Spieleprototypen. „Zu Beginn kann jede*r mit einem kleinen Mario-Jump-and-Run-Spiel einsteigen. Das erkläre ich extra etwas schneller, denn später bei der Umsetzung kann man gerne auch die anderen Teilnehmer*innen fragen“, erzählt Max Strohmeyer. Die anfängliche Herausforderung fördert nicht nur das technische Verständnis, sondern auch das Gemeinschaftsgefühl in der Gruppe.
Ein Blick auf das kreative Schaffen
Auf einem Bildschirm blicken uns große Kulleraugen entgegen. Ab und zu zwinkern sie, dann dreht sich ein Auge, dazu ein breites Grinsen, rot-lila Körper, überlange Arme, jeweils drei Finger. So oder so ähnlich kann eine Grafik für ein selbstgebautes Spiel aussehen. Doch ein Spiel zu entwickeln, passiert nicht im Alleingang. Spätestens wenn ein*e Teilnehmer*in das selbst gecodete Spiel zum ersten Mal ausprobieren möchte, ist sie*er auf das Feedback der anderen angewiesen. Dann wird analysiert, wie gut die Grafiken funktionieren, ob die Spielidee passt, ob alles im Backend funktioniert. „Für mich ist das eine wichtige Form von Kunst“, sagt Nils. Der 17-Jährige kommt seit knapp vier Jahren regelmäßig in das Spiellabor: „Spiele zu entwickeln, ist komplex und das gemeinsam mit anderen zu organisieren und die Erfahrung zu teilen, fasziniert mich total.“
„Für mich ist das eine wichtige Form von Kunst: Spiele zu entwickeln, ist komplex und das gemeinsam mit anderen zu organisieren und die Erfahrung zu teilen, fasziniert mich total.“
Nils, Teilnehmer des Spiellabors
Wie ticken die Teilnehmer*innen, die zwar alle ein ähnliches Interesse, aber unterschiedliche Stärken und Schwächen mitbringen? „Zu überlegen, was mir Spaß macht, worin ich stark bin, wie ich mich ins Team einbringen kann– all das ist Kulturelle Bildung“, sagt der Medienpädagoge, „und all das geschieht hier in einem flexiblen Setting.“ Seitdem er ein Praktikum in der Medienwerkstatt absolviert hat, kommt Nils mindestens einmal wöchentlich ins Spiellabor und unterstützt mittlerweile gemeinsam mit Max Strohmeyer die rund 20 Kinder und Jugendlichen, die freitags zum Programmieren zusammenkommen. Seitdem weiß Nils, dass er selbst auch einmal im Bereich der Medienpädagogik arbeiten möchte: „Ich habe hier mehr für mein Leben gefunden, als ich gedacht hätte. Ich habe meinen Plan dem Spiellabor und Max zu verdanken: Ich möchte Menschen beibringen, wie man Medien kreieren und diese mit anderen teilen kann.“
Film: Gaming im Soziokulturellen Zentrum „Die VILLA“ in Leipzig
Das Spiel als kulturelles Artefakt
Ob Hardcore-Gamer*in oder Gelegenheitszocker*in: Die Jugendlichen, die das Spiellabor besuchen, sind alle recht unterschiedlich und kommen in erster Linie, weil sie Lust haben, sich im Coding und in der Spieleentwicklung auszuprobieren und etwas Neues zu lernen. „Die meisten kommen mit einer bestimmten Idee in das Labor, alles andere ergibt sich auf dem Weg“, weiß Max Strohmeyer.
„Zu überlegen, was mir Spaß macht, worin ich stark bin, wie ich mich ins Team einbringen kann– all das ist Kulturelle Bildung.“
Max Strohmeyer, Medienpädagoge
Nils hat im Spiellabor das Rollenspiel Pen-and-Paper für sich entdeckt. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm seine erste Runde. Sie hat sein Interesse daran, Geschichten zu erzählen, geweckt: „Pen-and-Paper ist eine tolle Möglichkeit, kollaborativ eine Welt zu erschaffen und eigene Geschichten zu schreiben.“ Die Sessions ermöglichen den Teilnehmer*innen, innerhalb festgelegter Regeln neue Welten zu erschaffen und Geschichten zu entwickeln: eine Fähigkeit, die auch für die Spielentwicklung nützlich ist. „Es ist einfach spaßig und man kann das auch gut für seine Spiele verwenden“, erzählt Nils. Gutes Storytelling sei nicht nur wichtig für den Spielfluss, sondern auch für die Botschaft des Spiels. Auf diese Weise lassen sich Themen, welche die jugendlichen Entwickler*innen beschäftigen, ebenfalls zum Ausdruck bringen – sei es ein Spiel zum Thema Ökologie oder Demokratie, erklärt Max Strohmeyer.
Das Prinzip Selbermachen fruchtet
Ganz nebenbei entwickeln die Kinder und Jugendlichen eine Art „Teamkultur“, beschreibt der Medienpädagoge. Sie lernen neben der Programmierung, wie sie ihre Ideen klar kommunizieren, ein Spielprojekt mit dem Team planen und fördern so spielerisch ihre Sozialkompetenz. Das Spiellabor helfe auf diese Weise vielen jungen Menschen dabei, in der Gesellschaft sprechfähig zu werden und sich zu orientieren, beobachtet Max Strohmeyer. Sie entdecken ihre Stärken und können sich in einem zwanglosen Umfeld ausprobieren.
Das Spiellabor der Medienwerkstatt in Leipzig ist folglich mehr als nur ein Ort, um technisches Know-how zu erlernen. Es ist ein Raum, in dem Kinder und Jugendliche sich entfalten und ihre Persönlichkeit entdecken können. Sie lernen, in welchen Bereichen ihre Kompetenzen liegen, was ihnen Spaß macht, und sich spielerisch auszudrücken. „Die Medienwerkstatt ist so vielfältig. Irgendwo findet jede*r einen Kurs, der ihm*ihr gefällt und bei dem man sagt: Das bin ich!“, weiß Nils.
Das Soziokulturelle Zentrum „Die VILLA“ in Leipzig bietet mit vielfältigen Angeboten, wie u.a. der Medienwerkstatt außerschulische Projekte für Kinder und Jugendliche an, mit dem Ziel der aktiven Teilhabe, des gemeinschaftlichen Engagements und der Möglichkeit sich persönlich weiterzuentwickeln. Die Praxisreportage ist entstanden im Rahmen von „Machmamit! – Finde, was deins ist“ der Kampagne für Kulturelle Bildung der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ).
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